Wien - Kann man es mit der Authentizität auch übertreiben? Ich meine ja - und damit keineswegs das gerade eingelangte, druckfrisch auf Deutsch erschienene "Osterie d'Italia 2015/16", die 25. Ausgabe übrigens. Bei Slow Food komm ich aus dem Authentizitätsloben ja gar nicht heraus. Beim Fast Food aber vergess ich das Lob natürlich sofort wieder - hart, aber ungerecht.

Süßliches Laberl

Dabei müsste man gerade bei Hildegard Wurst diese Authentizität preisen: Kein Baguette um dieselbe, wie am Würstelstand, sondern dieses wattig-weich-süßliche Weizen- äh: darf man hier eigentlich ausnahmsweise doch "Brötchen" sagen? Äußerst authentisch, zweifellos. Aber ich Banause kann mich wirklich nur sehr, sehr schwer an ein so süßliches Laberl um die Wurst gewöhnen.

Musst nicht Wurst

Musst ja nicht Wurst, sagt mir die Menütafel bei Hildegard Wurst: Die Varianten "Minimalist" (nur Sauce), "Malmö" (Senf, Gurkerl, Ketchup, Röstzwiebel), New York (Senf, Tomatenrelish, Kraut) und "Tijuana" mit Chilisauce und Jalapenos) gibt es "auch vegan.

Malmö, vegan

Im Dezember 2014 haben Leonie Mayer-Rieckh und Matthias Hofer zu ihrem Wurst-Mobil den fixen Buffet-Standort in der Operngasse 23 aufgemacht, ziemlich genau in der Mitte zwischen Song Contest 2014 in Kopenhagen und dem ESC 2015 in Wien, aber eher ganz ohne Zusammenhang mit der gleichnamigen Siegerin Conchita. Hildegard Wurst, sagt Mayer Rieckh, war ihre Urgroßmutter, und deutet auf das Porträt der "Wurst-Omi" auf der Budel.

Also Malmö, vegan, mit Sojawürstel. Demnächst kommen noch besser passende, sagt mir Leonie Mayer-Rieckh: Mein veganer Frankfurter steht noch nicht idealtypisch über das Laberl hinaus. Inzwischen sind die längeren Varianten gewiss schon eingetroffen.

Foto: Harald Fidler

Gar grammelig

Mir erscheint ja die vegane Variante fast schlüssiger als die richtige Wurst: Harmonisch fügt sich ihr eher feiner Eigengeschmack ins Laberl und ordnet sich dem Wesentlichen unter: Röstzwiebel in gewaltiger Dimension. Beim ersten Bissen denk ich an Grammeln. Schön! Diese Reiz-Reaktions-Kette ist freilich von Veganern und Veganerinnen eher nicht zu erwarten.

Das Modell "Omsk" hätte mich ja auch interessiert, vor allem des Namens wegen, aber dort kommt Mayonnaise ins Spiel, und die ist hier definitiv nicht vegan.

New York, New York

Um die Fleischbilanz nicht ganz aus der Balance zu bringen, leg ich noch einen "New York" auf die Sojavariante. Klassisch mit Frankfurter und Kraut und Relish. Wissen Sie was? Schon ziemlich gut und sehr authentisch für ein Hot Dog, aber: Ich hätt das - zweifellos tadellose - Würstel nicht unbedingt gebraucht. Bin schon gespannt auf die langen Vegan-Varianten.

Foto: Harald Fidler

Zweimal große Eingeweideschau

Und damit Sie sich keine allzu großen Gedanken machen über meine Bekehrung zum Fleischverweigerer und womöglich auch noch Tortenfreund - demnächst in dieser kleinen, dreckigen Fresskolumne: zweimal große Eingeweideschau, einmal scharf in Wien, einmal zumindest so köstlich in Turin - ja, aus dem Slow-Food-Osteriaführer und natürlich mit Schnecke. Und natürlich zweimal sehr, sehr authentisch. Bleiben Sie dran. (Harald Fidler, derStandard.at, 17.2.2014)