In fünf verschiedenen Gruppen diskutierte die Parteibasis über die künftige Ausrichtung der SPÖ.

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Salzburg – Was die ÖVP "Evolution" nennt, heißt bei der SPÖ "Ideenforum". In Salzburg trafen sich am Freitagnachmittag rund 200 Sozialdemokraten aus dem Westen, um über ein neues rotes Parteiprogramm zu diskutieren. Bundeskanzler Werner Faymann trat krankheitsbedingt nicht wie angekündigt vor der Parteibasis auf. Stattdessen schickte er Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek als Vertretung.

In ihrer Rede thematisierte Heinisch-Hosek aktuelle Schwierigkeiten mit dem Koalitionspartner: "Es ist derzeit schwierig Dinge durchzusetzen und nötig Bestehendes vor den Neoliberalen zu verteidigen." In der ÖVP habe nun der Wirtschaftsflügel das Sagen. Als Beispiel nannte sie die gemeinsame Schule für alle. "Wir schaffen es im Moment nicht das durchzubringen." Verteidigen werde sie aber die Neue Mittelschule, auch wenn die ÖVP nun eine Kosten-Nutzen-Rechnung für das pädagogische Konzept wolle, sagte die Bildungsministerin an.

Auch für wichtige Schritte werde sich die SPÖ nicht verbiegen oder sich auf "Deals" einlassen, kündigt die Frauenministerin an: "Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen wird es nicht geben mit uns, auch nicht für diese Steuerreform", betonte die Frauenministerin.

"Werten neues Leben einhauchen"

Heinisch-Hosek erzählte, sie habe mit der Tirolerin Rosi Hirschegger, der sie zum 96. Geburtstag gratuliert habe, eine Person getroffen, die alle Werte der SPÖ ein Leben lang gelebt habe: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. "Jetzt müssen wir diesen Werten neues Leben einhauchen". Vier negativen Eigenschaften, die sich in letzter Zeit verbreitet hätten, müsse die SPÖ entgegentreten, meint Heinisch-Hosek: Geiz, Gier, Hass und Neid.

Es gebe noch viel Arbeit für die Sozialdemokratie ihre Werte zu verteidigen. "Die Gerechtigkeit zwischen Männer und Frauen und der gleiche Lohn für gleichwertige Arbeit, ist noch immer nicht erledigt", sagte Heinisch Hosek. Dass es zur Gerechtigkeit komme brauche es Solidarität, "die Wurzel sozialdemokratischen Handelns".

Neues Programm bis 2016

Das Ideenforum in Salzburg war der erste Schritt hin zu einem neuen Parteiprogramm, dass bis 2016 fertig gestellt werden soll. Eine zweite rote Denkwerkstatt soll am 21. März in Wien für den Osten Österreichs folgen. Für Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos, der für den Programmprozess zuständig ist, ein "historischer Moment". "Das Neue ist, dass das Programm von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern gestaltet werden kann." Der zweijährige Prozess solle von unten nach oben ablaufen und nicht wie in der ÖVP, "die glaubt mit ein paar Ja-Nein-Fragen könne man ein neues Programm erstellen".

Das letzte sozialdemokratische Parteiprogramm aus dem Jahr 1998 sei durchaus reparaturbedürftig, zudem werde auch eine Organisationsreform in der Partei stattfinden. "Wir wollen uns auch nicht selbst bejubeln, sondern nehmen auch den Blick von außen ernst", sagte Darabos vor den Genossen in Salzburg. Nach den Programmdiskussionen werde zuerst ein Entwurf geschrieben, über den dann die rund 200.000 Mitglieder der SPÖ entscheiden sollen.

Fünf Diskussionsgruppen und Blumensträuße

Am Nachmittag wurden die Themen Europa, Zusammenleben in Österreich, Steuerreform, Geschlechtergerechtigkeit und Bildung in einzelnen Panels diskutiert. Als Ergebnis wurden erste Wünsche, Ideen und Zukunftsperspektiven formuliert: Beispielsweise ein Ende des EU-Sparprogramms hin zu einem partizipativen ökologisch verträglichen Sozialmodell, eine Entlastung der Frauen von unbezahlter Arbeit oder neue Formen des Zusammenlebens, wie Generationenhäuser.

Dass es für viele Teilnehmer bereits ein langer Tag war, zeigte sich während der Ergebnispräsentation, bei der sich bereits Auflösungserscheinungen bemerkbar machten. Zahlreiche Genossen verließen vor Schluss der Veranstaltung, der durch Blumenstrauß-Überreichen gekennzeichnet war, den Saal. (Stefanie Ruep, derStandard.at, 27.02.2015)