Im Kampf um die Schalllöcher: das Danstheater Aya.

Foto: van Duin

Wien - Wenn Choreografinnen und Choreografen ein jugendliches Publikum ansprechen wollen, dann wohl am besten mit den Codes aus der Wirklichkeit der Youngsters von heute. Das Festival Szene Bunte Wähne hatte im Wuk zwei Tanzstücke auf dem Programm, die zeigten, wie das funktionieren kann und wie nicht.

Weitab von diesen Codes hielt sich das Spiel mit dem Wind von Simone Kühle. Eine sympathische Arbeit, perfekt für Pädagogen oder Eltern mit Sehnsucht nach einer besseren Welt. Da tanzen vier adrette Nymphen vom Typ Sacré-Coeur-Gymnasiastin hübsch im Luftstrom eines schwachen Ventilators, sagen zwischendurch einige weise Sätze und basteln dann ein Windrad.

Das war empfohlen für Leute ab 14 Jahren und, wie's im Slang heißt, "leider nicht geil". Ab zehn wäre besser gewesen. Doch auch Zehnjährige befinden sich bereits mitten im Sog einer audiovisuellen Popkultur, die ihr Zielpublikum nach allen Regeln ihrer Kunst antanzt. Kühle (33) geht diesen Kontext mit allzu spitzen Fingern an. Und sehr didaktisch, Overhead-Projektor inklusive.

Kein Glitzer, kein bisserl Sexyness, keine Wucht. Korrekt, betulich, harmlos verweht dieses Spiel mit dem Wind. Ein "Epic fail", sozusagen. Das am Samstag um 18 Uhr fast ausnahmslos ferngebliebene Publikum ab 14 hatte da wohl den richtigen Riecher. Besser gemacht (und besucht) war dagegen Nicht zu stoppen (ebenfalls 14+) des Danstheaters Aya aus Amsterdam.

Das Bühnenbild: ein überdimensionaler Kopfhörer. Aus dessen beiden Soundlöchern schlüpfen zwei Burschen, die einander erst einmal gar nicht grün sind. Der Kopfhörer markiert ein Terrain. Auf dem müssen sich die beiden sehr unterschiedlichen Typen erst einmal behaupten. Das wird als Tanz der (sub-)kulturellen Repräsentation und der Geschlechtsidentität zelebriert, in dem coole und peinliche Momente einander abwechseln.

Choreograf Erik Kaiel hat sich offenbar mit seinen jugendlichen Zeitgenossen auseinandergesetzt. Auf Didaktik verzichtet auch er nicht: Im finalen Drittel des Stücks bringt er eine junge Frau ins Spiel. Ein Opfer für die beiden fadisierten Burschen? Beide werden verlegen und trumpfen ordentlich auf. Doch die Frau bleibt souverän. Sie nutzt ihre Überlegenheit dafür, die zwei angespannten Pubertätsgewächse zu beruhigen. Hier ist die Botschaft zwar überdeutlich, aber so formuliert, dass sich ein junges Publikum angesprochen fühlte. Der Applaus war entsprechend. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 2.3.2015)