Wien – Für Studierwillige mit nichtösterreichischem Maturazeugnis treibt die Bürokratie zur Zulassung an einer österreichischen Uni mitunter absurde Blüten. Dass dabei Deutschprüfungen für deutsche Muttersprachler nicht das Einzige sind, zeigt sich am Fall von Markus Wagner.

Wagner ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Nach fünf Schuljahren zog er nach Montenegro, wo er eine internationale Schule mit dem American Highschool Diploma With Honors abschloss, was der österreichischen Matura entspricht. Nach dem Abschluss übersiedelte Wagner nach Wien, um Geografie zu studieren.

Mit europäischem Pass und Leistungskursen in Deutsch und Humangeografie rechnete er nicht mit Problemen bei der Anerkennung seiner Zeugnisse. Das garantierte ihm auch "Studentpoint" – die Serviceeinrichtung der Universität Wien: Bewerber mit seinen Nachweisen würden alle angenommen, allerdings müsse er sich auf eine zwölfwöchige Bearbeitungszeit einstellen.

Doch zu Semesterbeginn war der Studierendenausweis des 20-Jährigen nicht fertig. Warum der Prozess so lange dauert, weiß er nicht, die Antwort auf Nachfragen war immer die gleiche: Es gebe so viele Studierende, die alle ähnliche Probleme hätten wie er. Wagner entschied sich, die Vorlesungen vorläufig ohne Matrikelnummer zu besuchen. Währenddessen rückte der 30. November, das Ende der Nachfrist für die Imma trikulation, näher.

Aus den zwölf Wochen wurden inzwischen sechzehn. Im Rektorat der Uni Wien weiß man von dem Problem. Auf Nachfrage des UniSTANDARD hieß es, dass man in diesem Punkt schneller werden müsste.

Deutschtest für Deutsche

Wagner musste nicht nur lange warten, er wurde auch aufgefordert, einen Sprachnachweis nachzuliefern. Denn deutsche Staatsbürger sind nicht befreit. "Das Absurde ist: Die Studienzulassung argumentierte, dass die Staatsbürgerschaft nicht die Sprachkenntnis garantiere, während wir komplexe E-Mails in deutscher Sprache austauschten", sagt Wagner.

Über 25.000 Studierende aus dem Ausland, davon 9000 aus Drittstaaten, zählte die Uni Wien im Wintersemester 2013/2014. Der Umgang mit internationalen Studierenden ist Alltag an der Uni, trotzdem ist der Schritt zur Immatrikulation nicht immer einfach – auch an anderen österreichischen Unis. So fehlt es etwa an Auflistungen, für welche Schulabschlüsse welche zusätzlichen Nachweise zu erbringen sind.

Besonders Studierende aus Drittstaaten brauchen Durchhaltevermögen: Sie benötigen etwa notariell beglaubigte und übersetzte Zeugnisse – was mit Verwaltungskosten von 100 bis 200 Euro verbunden ist – und müssen Sprachkenntnisse im europäischen Referenzrahmenniveau B2 ("gute Mittelstufe") nachweisen.

Auch Wagner kam um den Sprachtest nicht herum. Und der ist nicht gerade billig. Die Gebühr für den vierstündigen Test beträgt zwischen 130 und 150 Euro – abhängig vom Sprachinstitut. Die Uni betont, man müsse sich vergewissern, dass die Sprachkenntnisse gegeben sind, Ausnahmen seien dabei nicht möglich.

Eine finanzielle Unterstützung bei Sprachkursen und Verwaltungsgebühren sei laut Uni jedoch nicht möglich: Die Uni Wien schöpfe bereits alle gesetzlichen Möglichkeiten aus, um im Bereich von Studienbeiträgen und Ähnlichem ein Maximum an Erlass zu ermöglichen.

Wagner absolvierte also den Sprachtest mit "sehr gut" und bemühte sich, seine Dokumente schnellstmöglich bearbeiten zu lassen. Das war aber nicht immer einfach: "Als Außenstehender ist das System total intransparent", sagt Wagner. Er wurde von einer Person zur nächsten weitergeleitet. Auf die Frage, wo der ent sprechende Ansprechpartner zu finden sei, folgten Sätze wie: "Sie wollen doch Geografie studieren, in der Uni hängen genug Pläne, finden Sie es selbst heraus."

Nach einigen Wochen wurde Wagner mitgeteilt, dass sein internationales Reifezeugnis nach amerikanischem System nicht anerkannt würde. Die Begründung: Ein Bewerber mit amerikanischem Abschluss müsse für jeg liches Studienfach die Mathe matikmatura nachmachen, da das mathematische Niveau dieser Schulen nicht genüge.

Die nächste Mathematikprüfung wurde erst Ende Jänner an geboten. Während seine Studien kollegen die Prüfungen des ersten Semesters ablegten, lernte Wagner für den Mathematiktest. Mit einem Semester Verspätung kann er nun sein Geografiestudium beginnen. (Tobias Mayr, DER STANDARD, 05.03.2015)