Vasilij Sotke als Mendel Singer und Verena Koch als seine Frau Deborah.


Foto: Christian Brachwitz

Linz - Am Ende steht das Wunder. Da hängen die letzten Sätze gerade noch in der Luft: "Mendel schlief ein. Und er ruhte aus von der Schwere des Glücks und der Größe des Wunders."

Das Wunder - das ist die Heilung und Wiederkehr von Mendel Singers jüngstem Sohn Menuchim. Es ereignet sich dann, als Mendel Singer, der "fromme, gottesfürchtige und ganz alltägliche Jude", sich von Gott lossagt, nachdem er keine Antworten auf die Schicksalsschläge und Verluste erhalten hatte, die sein Leben bis dahin prägen.

Joseph Roth erzählt in seinem 1930 erschienenen Roman Hiob die Geschichte einer jüdischen Familie aus Galizien zwischen 1905 und 1920. Mendel Singer, seine Frau Deborah und vier Kinder leben in bescheidenen Verhältnissen und auch das immaterielle Konstrukt aus Glaube, Tradition und Familie bröckelt: Sohn Jonas wird Soldat im zaristischen Russland, Schemarjah geht nach Amerika und nennt sich fortan Sam, Tochter Mirjam schläft mit so vielen Männern, wie sie nur kann.

Schicksalsschläge ohne Ende

Der jüngste Sohn Menuchim ist sowohl geistig als auch körperlich schwer krank. Ausgerechnet ihn muss Mendel zurücklassen, als die Familie Sam in die Emigration folgt. Die Schicksalsschläge nehmen kein Ende: Sam stirbt, Deborah bricht daraufhin tot zusammen, Mirjam wird verrückt, Jonas bleibt in Russland vermisst. Mendel bricht mit Gott und eben da ereignet sich das Wunder - Menuchim steht gesund und als erfolgreicher Musiker vor Mendels Tür.

Peter Wittenberg inszeniert vor allem in den Anfangsszenen verheißungsvoll rasant, atmosphärisch verdichtet die Musik von Wolfgang Siuda und es beeindrucken einige schöne Bilder (Bühne: Florian Parbs), in denen etwa die Familie nach ihrer Ankunft in New York durch einen dichten Wald aus hängenden Neonröhren "kutschiert". Je näher allerdings das Ende kommt, umso mehr schleppt sich die Inszenierung, versetzt mit teilweise mühsamen komischen Ansätzen.

Aus Mendel Singers Lossagung von Gott wird so eher eine Farce als eine radikale Entscheidung und der Auftritt Menuchims (Markus Pendzialek) ist mehr ein unvermeidlicher Anhang als eine Auflösung.

Alleine aber die Sprache Roths (Regie und Dramaturgie haben der Bühnenfassung von Koen Techelet einige Roman-Originalzitate beigefügt) ist Grund genug, sich das Stück anzusehen, schauspielerisch prägen Vasilij Sotke (Mendel) und Verena Koch (Deborah) die Bühne. (Wiltrud Hackl, DER STANDARD, 6.3.2015)