Lukas Resetarits und sein 25. Programm "Schmäh" feierten im Wiener Stadtsaal Premiere. Wie gewohnt redet sich der 67-jährige Kabarettist dabei vom Wahnwitz ins Absurde.

Foto: Stadtsaal / Ernesto Gelles

Wien – Es beginnt mit einem Zaubertrick. Lukas Resetarits lässt zwischen seinen Händen ein rotes Schnäuztuch verschwinden. Normal ist das für Menschen, die das Buch Zaubern für Vorschulkinder schon vor einigen Jahrzehnten gelesen haben, kein Grund, eine Augenbraue zu heben. Aber wir sitzen im Kabarett und finden Zaubern heute sehr lustig. Zaubern hat einen doppelten Boden, obwohl es sich im strengen Sinn um gutgemachte Tricks handelt. Zaubern an sich gibt es gar nicht.

Das neue Programm von Lukas Resetarits nennt sich Schmäh. Beim Schmäh und beim Schmähführen geht es auch ums Täuschen, wahrscheinlich sitzt der Schmäh aber auf dem längeren Ast. Man muss dabei nicht würdelos zu Zirkusmusik herumhampeln, sondern hockt am Stammtisch und führt bei einem Unterhaltungsgetränk Spruch.

Lukas Resetarits sitzt bei der Premiere von Schmäh im Wiener Stadtsaal an einem Einzelstammtisch und geht vom kurzgehaltenen Theorieteil in die Praxis über. In einem Fahrstuhl kommt er zum Beispiel mit einem sogenannten Aufzugschas langsam in die Gänge. Ein solcher ist immer wieder eine interessante soziale und künstlerische Herausforderung. Schon Shakespeare hat erkannt, dass eine Flatulenz zur rechten Zeit einer mauen Komödie Wind unter den Flügeln machen kann.

Apropos Herausforderung: Auf der Bühne steht ein Tasteninstrument, es wurde aber noch nicht gesungen. Eine subtile Form der Folter, sie spielt sich rein im Kopf ab. Alle wissen, es wird gesungen werden, aber nicht, wann. Ein Lied nennt sich Zum Sterben zu wenig, zum Leben zu viel.

Lukas Resetarits geht mit dem Bekenntnis, dass er eigentlich Erwin heißt, und einer heiteren Kindheitsgeschichte über seinen in einer russischen Panzerfabrik gefertigten Tretroller nun weiter in die Kernproblematik seines mittlerweile 25. Kabarettprogramms. Er ist nach wie vor ein Meister des Geschichtenerzählens bis zum Anschlag. Irgendwann dreht das Gewinde durch, und es wird herrlich absurd.

Dass es mit Putin, der Politik, „die Medien“ und anderen Sachen, die uns am Schmäh führen, schmähmäßig etwas vorhersehbar wird, macht ja nichts. Der Alte weiß, was er kann. Routine muss nicht immer böse sein.

Nach der Pause läuft Resetarits dann zu großer Form auf. Allein die Viertelstunde, während der er seine Kaufsucht im Eduscho-Shop beschreibt, ist den Eintritt wert. Es geht nicht um Kaffee. Es geht um ausziehbare Schuhlöffel, Accessoire-Behälter, Haushaltsgeräte, die nach einmaligem Gebrauch zurück in den Karton wandern – und warum es wichtig ist, all das in mehrfacher Ausfertigung zu erwerben. Die Wirtschaft muss gestärkt werden. Schließlich haben wir Krise.

Die Sache mit den Banken kommt schließlich auch vor, aber das haben Sie schon geahnt. Und es wird mehrmals gesungen! (Christian Schachinger, DER STANDARD, 6.3.2015)