Bedauernswert sind alle, die anderen unbedingt aufschwatzen zu müssen glauben, wie diese zu sein und zu leben haben. Es hat etwas Kleinliches an sich, wenn sich jemand die Welt strikt geregelt und gerichtet wünscht. Sobald ein solcher Jemand Macht über andere erlangt, wird es eng und gefährlich. Drei Personen, die solche Gefährlichkeiten am eigenen Leib erfahren, hat der Wiener Künstler und Theoretiker Gin Müller eingeladen, während einer Performance deutlich zu machen, wie ihr Leben und Denken aussieht: Trans Gender Moves ist noch bis zum Sonntag im Konzerthauskeller des Brut zu sehen. Eine Arbeit, die dazu einlädt, das Menschsein nicht einheitlich und eng, sondern weit und vielfältig sehen zu lernen.

Das Stück erlaubt die Begegnung mit drei großartigen, mutigen und originellen Persönlichkeiten, die etwas gemeinsam haben: Sie sind lebendige Beweise dafür, dass es ein gewisses Spektrum an Möglichkeiten zwischen und jenseits von Geschlechtszuordnungen wie "männlich" und "weiblich" gibt. Und sie treten vor ihr Publikum, weil sich die Erkenntnis, dass dies nicht eine Bedrohung, sondern ein Gewinn für jede Gesellschaft ist, erst sehr langsam verbreitet.

Dementsprechend zeigen sich Gorji Marzban, Naturwissenschafter, Künstler und Intersexueller, Anthony Clair Wagner, bildender Künstler und Transsexueller, und Nicole Foucher, die sich noch mit 65 Jahren einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat, nicht als Opfer dieser Trägheit, sondern als Musen einer erstrebenswerten Freiheit. In einer Zeit, die gerade einen neuen Verbotswahn kultiviert, tut das - wie am Applaus des Publikums abzulesen ist - gut. (ploe, DER STANDARD, 27.3.2015)