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Gewitterwolken über Rot-Grün in Wien: Maria Vassilakou schimpft kräftig auf Michael Häupl, die Partnerschaft soll aber mangels Alternativen aufrechtbleiben.

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Koalitionen der Grünen.

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"Nehmen wir den Arsch der SPÖ aus unserem Gesicht", schreibt Joachim Kovacs, Klubvorsitzender der Grünen in Wien-Ottakring, in seinem Blog. Kovacs tritt offen dafür ein, die Koalition mit der SPÖ zu beenden. Die SPÖ hätte wieder einmal "ihre grausliche, machtgeile Fratze gezeigt. Eine Fratze, welche die Absicherung der eigenen Pfründe über alles andere stellt", attestiert der Lokalpolitiker. "Was sollen wir also machen? Meiner Meinung nach schleunigst in die Gremien gehen und offen über ein Ende mit Schrecken als über einen Schrecken ohne Ende diskutieren."

"Verfilzt und machttrunken"

Die Regierung in Wien war die einzige rot-grüne Koalition in Österreich - und in den Augen vieler Grüner ist dieses Experiment dramatisch gescheitert. Noch will sich Maria Vassilakou, die Chefin der Wiener Grünen, dieses Scheitern nicht eingestehen: "Ein Rückzug würde bedeuten, dass man der verfilzten und machttrunkenen SPÖ das Feld überlässt." Gescheitert sei man nicht inhaltlich, sondern bei dem Versuch, "Politikkultur in die SPÖ hineinzutragen". Die SPÖ bleibe eine Partei, die "keinerlei Skrupel vor den ärgsten Fouls hat, um ihre Privilegien zu verteidigen und ihre vermeintliche Allmacht zu demonstrieren". Die Stadt habe aber nichts davon, wenn die Grünen unvollendet abbrächen.

Vassilakou macht kein Geheimnis daraus, dass das nicht alle im Klub so sehen. Trotz Mehrheitsbeschlusses habe es auch Stimmen für ein Ende der Koalition gegeben.

Die SPÖ hatte in Wien den Grünen Senol Akkiliç abgeworben - "gekauft", wie Grüne meinen. Akkiliç war bei den Grünen für die bevorstehende Landtagswahl an eine unwählbare Stelle gereiht worden, die SPÖ garantiert ihm ein Mandat - und kippte damit die Mehrheit der Opposition, die eine Wahlrechtsänderung gegen den Willen der SPÖ durchsetzen hätte können.

Zusammenarbeit mit ÖVP

Die Grünen sind in etlichen Bundesländern in einer Koalition mit der ÖVP, Wien war das einzige Experimentierfeld einer ausschließlich rot-grünen Zusammenarbeit - und damit auch so etwas wie ein Testlauf für eine Koalition auf Bundesebene, die die Grünen anstreben. Geht das mit der SPÖ überhaupt noch?

Stefan Wallner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, sagt, es gehe nicht um das Verhältnis zwischen Rot und Grün, sondern um Wien. Die Enttäuschung und Verärgerung sei weit über die Grünen hinaus sehr groß, aber letztlich hänge es immer auch von den Personen ab. Und Werner Faymann habe einen anderen Politikstil als Michael Häupl. Allerdings verliert Wallner auch über Faymann kein gutes Wort: Der sei nur daran interessiert, Kampagnenthemen zu erhalten, und setze kaum etwas um. In den Bundesländern Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich sei es gelungen, mit der ÖVP etwas umzusetzen.

"Machterhalt um jeden Preis"

"Die ÖVP bewegt sich dort", sagt Wallner. In Wien hatte man zwar auch den Eindruck, dass sich die SPÖ bewegen könne, "letztlich hat sich aber gezeigt, was die SPÖ ist: Ihr geht es um den Machterhalt um jeden Preis." Dieser Preis könnte teuer sein, glaubt Wallner. "Gerade jene, die Rot-Grün wollen, wissen jetzt, wen sie wählen müssen. Nicht die SPÖ. Mittelfristig wird sich zeigen, dass sich die Wiener SPÖ dieses Mandat von Akkiliç sehr teuer erkauft hat."

Das rote Foul in Wien sei ein Schuss ins eigene Knie, sagt Wallner. "Gerade die Verteidiger der SPÖ innerhalb der Grünen sind jetzt wahnsinnig angebissen." Dennoch rät Wallner, nicht aus der Koalition mit der SPÖ auszusteigen: "Wir wollen Wien nicht allein der SPÖ und damit dem Rückschritt überlassen." Ähnliches gelte für die Bundesebene: SPÖ und ÖVP stünden für Proporz und brächten in wesentlichen Themen wie der Bildung nichts weiter. Da bräuchte es die Grünen.

Vassilakou jedenfalls schließt eine Neuauflage nach der Wahl im Oktober nicht aus - und klingt dabei aber eher pragmatisch als euphorisch: "Wenn ich mich umschaue, sehe ich keinen anderen Partner." (Michael Völker, Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 31.3.2015)