Wien - In so mancher österreichischen Kleinstadt sorgen sie für frischen Wind - etwa wenn eine Gruppe junger Studierender über den Dornbirner Marktplatz schlendert und man lautes Gelächter und spanische Wortfetzen aufschnappt. Internationale Studierende gehören längst zu den Fachhochschulen - aber das war nicht immer so: 1994 waren es nur 19 ausländische Studierende von insgesamt 693 - lange blieb es bei Anteilen um die fünf Prozent. 2007/08 machten ausländische Studierende dann erstmals mehr als zehn Prozent aller Studierenden an österreichischen Fachhochschulen aus. Bis heute steigt die Zahl jedes Jahr, aktuell sind 16 Prozent der österreichischen FH-Studierenden aus dem Ausland.

Der Großteil dieser ausländischen Studierenden kommt aus Europa, viele aus den Nachbarstaaten. So stellt Deutschland die größte Gruppe der ausländischen Studierenden an Fachhochschulen. An der FH Joanneum folgen dann aber schon mit 103 Studierenden die Inder - insbesondere wegen der englischsprachigen technischen Master würden sie in die Steiermark kommen.

Alle Kontinente in Österreich

Zu unterscheiden gilt es natürlich zwischen Studierenden, die das komplette Studium in Österreich absolvieren, und jenen, die im Rahmen eines Auslandssemesters kommen und nur für begrenzte Zeit hier sind. Die Europäer sind dabei ebenfalls die größte Gruppe. Aber auch aus der Ferne finden immer mehr junge Menschen ihren Weg nach Österreich. Im Studienjahr 2013/14 kamen 16 Studierende aus Afrika, 205 aus Amerika (Nord und Süd), 244 aus Asien und 19 aus Australien und Ozeanien für ein Auslandssemester an eine österreichische Fachhochschule.

Besonders beliebt bei weit gereisten Auslandsstudierenden ist das MCI in Tirol: Im vergangenen Studienjahr studierten eine Person aus Afrika, 44 aus Nord- und Südamerika und 41 aus Asien im Rahmen eines Mobilitätsprogramms in Innsbruck - insgesamt kamen 222 Studierende für ein oder zwei Semester ans MCI.

Für die internationalen Studierenden, die nur ein oder zwei Semester im Rahmen eines Mobilitätsprogramms in Österreich bleiben, bieten die heimischen Fachhochschulen auch ein spezielles Programm an: Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten, Wandern und Skifahren, aber auch multikulturelle Weihnachtsfeiern, bei denen die Studierenden Traditionen aus ihren Heimatländern präsentieren, sind nur ein kleiner Teil der Aktivitäten. (Lara Hagen, DER STANDARD, 11.4.2015)

Ausländische Studierende auf Fachhochschulen im Porträt:

Von Korea nach Dornbirn: Da Jeen Lee bleibt ein Semester

Da Jeen Lee kommt von einer Privatuniversität in Seoul an die FH Vorarlberg. Zuhause, an der Khung Hee University, studiert sie Mathematik. In Dornbirn hat sie sich für Informatik - Software and Information Engineering entschieden: "Ich möchte später als Versicherungsmathematikerin arbeiten. Da kann ich Informatikwissen gut gebrauchen." Der Asiatin gefällt es an ihrer Gasthochschule sehr gut: "Das Austauschprogramm ist gut organisiert. Davon hatte ich schon gehört, und es ist wirklich so."

In einer Einführungswoche haben die Gaststudierenden aus 15 Ländern die FH Vorarlberg und deren Umgebung kennengelernt. "Wir waren auf einem nahe gelegenen Berg Ski fahren, und in meiner Freizeit bin ich auf einen anderen Berg spaziert. Dort habe ich den schönsten Sonnenuntergang meines Lebens gesehen", schwärmt die Südkoreanerin.

Was Lee jedoch ebenso begeistert, sind die Atmosphäre und die Arbeitsweise in Dornbirn: "An unserer Universität in Korea gibt es keinen Dialog mit den Professoren und auch keine Kommunikation zwischen den Studierenden. Da herrscht ein riesiger Konkurrenzkampf. Hier ist es ganz anders. Man spricht mit den Dozenten auf Augenhöhe, und die Studierenden arbeiten zusammen. Das ist ganz neu für mich und sehr schön."

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Madeleine Dudley aus Australien mag das Kleinstadtleben

Auch Madeleine Dudley ist dieses Sommersemester Gast an der Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn, wo sie im vierten Semester des Bachelors Intermedia studiert. Die Australierin sprach bereits ein bisschen Deutsch - einer der Gründe, warum sie sich für Österreich entschieden hat. Die vorhandenen Kenntnisse möchte sie aber noch verbessern, was ihr im Ländle bislang schwergefallen ist. "Landschaftlich ist Österreich sehr schön", erzählt die Australierin. Für ihren Aufenthalt, der noch bis Juli dauert, hat sie deshalb noch einige Reisen vor: Salzburg will sie sehen, aber auch Wien und Budapest - in Berlin war sie bereits, und Innsbruck hat der Australierin auch sehr gut gefallen.

In Sydney studiert sie Visual Communication, beim Vergleich zwischen den beiden Hochschulen beeindruckt sie vor allem die Ausstattung an der Fachhochschule: "Man kann hier professionelle Fotoapparate und Videokameras gratis ausleihen und auch das Fotostudio und die Schneideplätze benützen. Das gibt es bei uns nicht", sagt sie.

Der Umzug von einer Metropole in eine Kleinstadt habe ihr am Anfang ein wenig Sorgen bereitet - "aber jetzt mag ich das Leben in einer Kleinstadt. Mir gefällt es, wenn jeder jeden kennt und man überallhin mit dem Rad fahren kann - in Sydney geht das nicht."

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Architektur und Natur schätzt Ruibing Chen aus China

Ein erster Aufenthalt in Österreich vor drei Jahren ließ Ruibing Chen nicht mehr los. Nach zwei Jahren erster Arbeitserfahrung in einer chinesischen Headhunterfirma entschied sie sich für ein Auslandsstudium. "Ich wollte mein Wissen noch etwas erweitern, um in der Arbeit später mehr zu erreichen", sagt die 25-Jährige.

Eine Freundin empfahl ihr die FH Joanneum, und mit den schönen Urlaubserinnerungen im Hinterkopf fiel ihr die Entscheidung nicht mehr schwer. Chen absolviert nun den Masterstudiengang Business in Emerging Markets in Graz. Am Studiengang schätzt sie den Praxisbezug - nach dem Studium kann sie sich vorstellen zu bleiben, wenn sie einen Job findet.

An Österreich gefällt der Chinesin vor allem die Natur. Sie genieße die schöne Landschaft und die historische Architektur. Ein großer positiver Faktor ist für Chen außerdem, dass sie sich sicher fühlt: "Ich kann nachts fast überall alleine hingehen in Graz."

Eine für sie lustige Erfahrung war der erste Besuch in einem chinesischen Restaurant in Österreich: "Beim Glückskeks hätte ich fast das Papier drinnen verschluckt. Dass dieser Keks hier als 'typisch asiatisch' verkauft wird, hat mich sehr überrascht, und ich musste wirklich lachen", erinnert sich Chen.

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Antonio Noguera Olivares will in St. Pölten Deutsch lernen

Nur etwas mehr als vier Monate wird Antonio Noguera Olivares in Österreich verbringen. Der Spanier - Noguera Olivares kommt aus Murcia in Südspanien und studiert in der nahe gelegenen Stadt Cartagena - ist seit Februar in St. Pölten und hat vor, hier seine Abschlussarbeit zu schreiben.

"Ich habe mich für Österreich entschieden, weil ich Deutsch lernen wollte. Außerdem kenne ich ein paar Bekannte, die hierher kamen und einen Job gefunden haben - das ist auch ein Ziel für mich." Noguera Olivares möchte mindestens einige Jahre im Ausland arbeiten - "vielleicht auch für immer? Das werde ich dann noch sehen."

Nach St. Pölten kam der Student, weil ihn IT-Security interessiert. Von der Arbeitserfahrung im Ausland will er viel mitnehmen, um später sein Land und seine Region ein Stück zu verbessern. "In Spanien sagt man: 'Wenn jemand schlecht über Spanien spricht, ist er Spanier.' Das stimmt - viele von uns mögen Spanien nicht, und wir sind unzufrieden. Wir denken, dass andere Länder der Himmel auf Erden sind - das stimmt so auch nicht." Auch in Österreich gebe es Leute, die unzufrieden mit den Politikern oder anderen Dingen sind. Österreicher hat der Spanier als sehr effizient kennengelernt: "Man arbeitet weniger Stunden, dafür aber besser."

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Seen und Dialekte begeistern Lilia Rafikova

Nicht nur Deutsch, sondern sogar ein bisschen Steirisch spricht Lilia Rafikova mittlerweile. Vor zwei Jahren kam sie aus ihrer Heimatstadt Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, nach Graz. "Natürlich geht das Verstehen viel besser als das Sprechen, aber ich finde den Dialekt sehr schön." Die unterschiedlichen Dialekte waren auch ein Grund, weshalb sich Rafikova für Österreich und gegen Deutschland entschieden hat. Nach ersten Deutschkursen zuhause am Goethe-Institut stand für sie nämlich fest, dass sie ein Studium in einem deutschsprachigen Land absolvieren möchte.

Die 23-Jährige studiert im zweiten Semester an der FH Joanneum Informationsmanagement. "Der Bachelor gefällt mir sehr gut. Falls es möglich ist, würde ich auch gerne den Master hier in Graz machen." An der Stadt gefällt der Usbekin, dass sie nicht so groß ist: "Wenn ich jemanden auf der Straße um Hilfe bitte, sind alle immer sehr freundlich. In Wien ist das nicht so." Außer Wien und Graz hat Rafikova noch viele Seen in der Steiermark und in Kärnten besucht - "diesen Sommer steht Salzburg auf dem Plan".

Nachhause fliegt sie nur selten. "Leider. Denn manchmal vermisse ich das Essen." Um traditionell zu kochen, fehlt ihr noch ein Spezialtopf. "Nach der nächsten Heimreise nehme ich einen mit und koche für Freunde."

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