Das Wheeler E-Protron - vor dem Test in den Redaktionsräumen.

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Trotz seiner 22 Kilo ist es erstaunlich wendig - und flink, so lange der Motor mitmacht.

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Angetrieben wird das E-MTB von einem großen Hinterradaggregat.

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Den Akku kann man auch abnehmen.

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Elektro-Bikes boomen. In Österreich sind bereits mehr als 200.000 E-Fahrräder im Einsatz, jedes achte neugekaufte Rad ist motorisiert. Neben dem Fahrspaß und dem höheren Komfort, ist die gesteigerte Reichweite ausschlaggebend: Mit E-Bikes werden um 40 Prozent mehr Kilometer gefahren (im Schnitt 900 im Jahr) als mit herkömmlichen Rädern, wie eine aktuelle VCÖ-Erhebung aus Vorarlberg zeigt.

Galten anfangs vor allem Ältere und Unsportliche als Zielgruppe, wollen die Hersteller mit E-Mountainbikes (E-MTBs) nun vor allem auch die Jungen erreichen. Sie sind der Trend der Stunde, wirft man einen Blick in aktuelle Radmagazine.

Fetter Motor

Grund genug, das ganze einmal auszuprobieren. Testgerät ist ein E-Protron des schweizerischen Herstellers Wheeler - ein Hardtail mit einem 50Nm-BionX-Motor für knapp 2.700 Euro. Der Test fand noch in den letzten kühlen Tagen statt, mittlerweile ist das Rad bei drei Wiener Händlern auf Lager. Was nach dem Auspacken als erstes auffällt: Der große Motor mitsamt fettem Hinterrad-Aggregat. Und das Gewicht: Insgesamt kommt der Drahtesel auf 22 Kilo, ist also fast doppelt so schwer wie manch anderes Mountainbike.

Nach dem erstmaligen Aufladen (etwa fünf Stunden) geht es auf die Straße. Das Interface der Steuerkonsole am Lenker erklärt sich fast von selbst. Mit Plus und Minus wird die Motorwirkung eingestellt, einzig der rote Knopf erschließt sich nicht ganz. Anstatt eines Turbos dürfte es sich um eine Anschiebehilfe handeln. Wer's braucht. Trotz des Gewichts sind die ersten Meter auch ohne Motor alles andere als schwerfällig - schaltet man den Motor hinzu, wird es wirklich rasant.

derstandard.at/von usslar

Natürlich gleich mal Vollgas ausprobiert: Die Beschleunigung hat es in sich. Von 0 auf 28 Stundenkilometer in gefühlten drei Sekunden. Danach steht der elektronische Tacho leider an. Auch wenn man sich noch so sehr bemüht, schneller wird es nicht, darf es auch rein rechtlich nicht gehen – höchstens bergab, und auch da bremst der Motor mit. Es ist also weniger die Geschwindigkeit als vielmehr die Beschleunigung, die Spaß macht. Gas gibt der Motor übrigens nur, wenn man auch in die Pedale steigt.

Hohes Tempo

Und natürlich, auch mit knapp 30 km/h ist man flott unterwegs, vor allem wenn man sie aus dem Stand mit zwei bis drei Pedalumdrehungen erreicht. Schnell genug, dass schon mal der Autofahrer, schon halb im Kreisverkehr, hart bremst, weil er das Fahrrad-Tempo unterschätzt. Oder dass es sich manche Fußgänger doch nochmal überlegen, auch nur einen Schritt weiter auf die Fahrbahn zu machen. Manche müssen zweimal schauen, um zu sehen was da los ist – so mühelos bergauf fährt sichs ja doch nicht immer.

Bisweilen fühlt man sich auf einem Mofa, wenngleich auch auf einem flüsterleisen. Dass man mittreten muss, damit auch der Motor werkt, spürt man fast nicht. Er greift so sanft, als ob eine unsichtbare Hand anschiebt, oder ein starker Rückenwind.

Beim Offroad-Fahren in steileren Gefilden muss man schon deutlich fester treten, und der Motor zieht nicht mehr so stark wie auf Asphalt. Bisweilen stockt er. Überhitzt vielleicht? Er kämpft jedenfalls mitunter, läuft nicht mehr ganz so flüssig wie zuvor.

Akku

Dank der gut abgestimmten dreißig Gänge und noch vollen menschlichen Energiereserven ist das kein Problem – wenngleich sich das hohe Gewicht schon bemerkbar macht. Hoffentlich hält der Motor durch, hat man sich doch mittlerweile schon an die mühelose Fahrt gewöhnt. Und so läuft er weiter auf Vollgas-Einstellung, stockt mitunter, derrappelt sich bald wieder, wenngleich nicht auf Dauer. Laut Hersteller soll gerade die große Hinterrad-Scheibe einem Überhitzen vorbeugen. Zumindest beim Testrad war das wohl nicht der Fall.

Immerhin ist es nicht der Akku, der schwächelt - wenngleich er nach knapp zwei Stunden Fahrt zu drei Viertel leer ist. Im Dauer- und Maximalbetrieb, wohlgemerkt. Laut Herstellerangaben kommt man damit bis zu 105 Kilometer weit, allerdings wohl nur bei moderater Zuhilfenahme des Motors. Geladen wird der Akku entweder direkt am Rad, oder - praktischer - nach Abnehmen in einer Ladestation, die an der Steckdose hängt.

Fazit

Ja, ein E-Mountainbike macht Spaß. Auch und vor allem Offroad. Wenngleich sich auch nach dem Test die Zielgruppe nicht ganz erschließt. Für die Fun-Fahrer, die zu faul sind für den Weg aus der Stadt? Am ehesten. Alle anderen brauchen entweder keinen Motor (weil sie sich ohnehin sportlich betätigen wollen), oder sie brauchen kein Mountainbike (weil sie es ohnehin gemütlich angehen). Dennoch werden E-Mountainbikes ihre Nische finden. Wenngleich der Spaß seinen Preis hat: Das E-Protron kommt auf 2.699 Euro (UVP) - und ist damit noch eines der günstigeren E-MTBs. (Florian Bayer, derStandard.at, 5.5.2015)