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Waffen an US-Unis soll die Sicherheit am Campus verstärken - vor allem für Studentinnen. Doch die Studierenden sehen die Diskussionen um die Legalisierung von Waffen skeptisch.

Foto: AP Photo/The Sun, Alonzo Wright

Washington - Die Debatte um das Tragen von Waffen an US-amerikanischen Universitäten flammt alle paar Jahre wieder auf. Ein Argument, das dabei vorwiegend Vertreter aus dem konservativen Lager vorbringen, ist, dass die Legalisierung von Waffen Gewalt verhindern könne. Erhöhte Aufmerksamkeit hat die Diskussion zuletzt durch wiederholte Fälle von sexueller Gewalt, die an die Öffentlichkeit kamen, bekommen.

Vermehrt fordern noch Abgeordnete in den USA die Bewaffnung von Studierenden, um die Sicherheit an den Unis zu erhöhen. Zehn US-Bundesstaaten, darunter Florida, Nevada und Texas, haben Gesetzesvorlagen eingebracht, um das verdeckte Waffentragen auf dem Campus zu erleichtern. Bisher haben sechs Staaten teilweise das Gesetz gelockert, in 41 Staaten ist der Besitz auf dem Campus per Bundesgesetz oder per universitäre Verordnung verboten.

Konservative Politiker raten vor allem Studentinnen, sich zu bewaffnen, damit sie sich besser verteidigen können. Michele Fiore, republikanische Abgeordnete aus Nevada, sagte zur New York Times: "Ich frage mich: Wenn diese jungen, hübschen Mädchen Waffen hätten - wie viele Männer würden sie dann noch missbrauchen? Die Zahlen würden sinken, sobald diese Sexualstraftäter eine Kugel in ihren Kopf bekämen."

Eine derart radikale Haltung kritisiert John Foubert, Präsident der Non-Profit-Organisation zur Prävention sexueller Gewalt "One in Four" und Professor an der Oklahoma State University, im Gespräch mit dem STANDARD: "Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz, die diese These stützt." Sexuelle Übergriffe im Kontext der Uni fingen meist einvernehmlich an und gerieten dann außer Kontrolle. Auch kannten in fast allen Fällen die Opfer die Täter gut, "in dieser Situation das Gegenüber zu erschießen erscheint absurd". Foubert forscht seit Jahren über die Prävention sexueller Gewalt, 1998 gründete er One in Four.

Prävention statt Bewaffnung

Laut aktuellen Studien geben 25 Prozent aller Absolventinnen in den USA an, sexuelle Übergriffe erfahren zu haben. Studentinnen zu bewaffnen würde nur das Symptom bekämpfen, nicht die Ursache, so Foubert. Präventive Maßnahmen seien effektiver. In seinem "Men's Program" werden Männer für geschlechtsspezifische Gewalt sensibilisiert. Aufklärung sei das beste Mittel, findet auch "Know your IX", ein Kollektiv aus Studentinnen, die selbst Opfer sexueller Gewalt waren. Der Name beruht auf dem "Title IX" oder "Clery Act", der seit 1972 die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an Unis verbietet. Das Kollektiv kritisiert die Kommerzialisierung des Themas: "Plötzlich wollen Waffenbefürworter für uns sprechen, die sich vorher gar nicht für uns interessiert haben."

Die National Rifle Association (NRA) ist die zentrale Organisation der Waffenlobby und unterstützt die Gesetzesentwürfe. Auf Anfragen des STANDARD beruft sich die NRA auf den zweiten Zusatzartikel der Verfassung und das Recht der Selbstverteidigung. Wären alle Studierenden berechtigt, Waffen zu tragen, könnten Amokläufe verhindert werden, lautet der Tenor. Mit groß angelegten Kampagnen wie "Refuse to be a victim" und "NRA Women" richten sie sich gezielt an Frauen.

Studierende sehen den Vorstoß skeptisch. Laut landesweiten Umfragen lehnen über 70 Prozent der Studierenden in den USA den Waffenbesitz ab. Auch die Mehrzahl der Unis ist gegen eine Legalisierung auf dem Campus. (Kristina Nedeljkovic, DER STANDARD, 7.5.2015)