Schön langsam sollte die EU aus der Ohnmacht, in die sie angesichts der Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer gefallen ist, wieder aufwachen. Der Vorschlag, Militär nach Nordafrika zu schicken, um Boote von Schleppern vorsorglich zu zerstören, lässt leider darauf schließen, dass sich Brüssel noch im Land der Albträume befindet.

Denken wir nur einmal an, was das in der Praxis in einem ohnehin krisengebeutelten Land wie Libyen hieße: Wie sollen Soldaten aus Deutschland, Frankreich oder Italien Schlepperboote von anderen Booten, etwa Fischerbooten, unterscheiden? Wer verantwortet tödliche Einsätze? Wer leistet Entschädigungen?

Anstatt nachhaltige Konzepte zu entwickeln, um die humanitäre Katastrophe zu überwinden, wird angeboten, mit Kanonen aufzufahren. Das ist auch rechtsstaatlich ein Riesenproblem. In modernen Demokratien werden Bürger nicht grundlos vor dem Machtpotenzial des Militärs geschützt, und die Aufklärung und Verhinderung von Kriminalität ist Aufgabe der Polizei. Wirtschaftskriminelle sind ja auch kein Fall fürs Jagdkommando.

Nur in Ausnahmefällen, wenn die innere Sicherheit eines Staates gefährdet ist, kann Militär zu einem Assistenzeinsatz angefordert werden. Doch eine derart hochgradige kriminelle Bedrohung durch Flüchtlingsströme ist in der EU nicht gegeben. Wenn schon Militär, dann im Sinne eines Katastropheneinsatzes. Das wäre Pionierarbeit. (Michael Simoner, 11.5.2015)