Der erste Schritt ist gesetzt - nicht mehr. Einige Wochen wurde um den 343-Millionen-Euro-Kredit zwischen Kärnten und dem Bund substanziell scharf verhandelt. Die Zeit drängte, denn in gut drei Wochen wäre das Bundesland zahlungsunfähig gewesen. Jetzt hat Finanzminister Hans Jörg Schelling ein Machtwort gesprochen und den Rahmenvertrag akzeptiert. Damit können gestoppte Investitionsvorhaben demnächst wieder starten. Kärnten hat etwas Luft bekommen. Zum Überleben reicht es noch lange nicht.

Schelling hat von den Kärntnern einen stringenten Budgetkurs verlangt, spätestens 2020 muss das Bundesland ein zumindest kleines Plus schreiben. Es wird ein steiniger Weg dorthin. Die erste große Hürde: Kärnten muss von 2016 bis 2020 dreistellige Millionenkredite der Vorgängerregierung zurückzahlen. Und über allem schwebt das Gespenst der zehn Milliarden schweren Heta-Landeshaftungen.

Landeshauptmann Peter Kaiser weiß, dass er strukturell im Land jetzt den Hebel umlegen muss. Kärntens Verwaltung war in der Vergangenheit ein Paradies politischer Günstlingswirtschaft. Willfährige wurden mit Landesjobs belohnt, der Apparat wurde im Laufe der Jahre ohne Rücksicht aufs Budget aufgeblasen. Kärnten leiste sich im Verhältnis fast dreimal so viele öffentlich Beschäftigte wie Vorarlberg, kritisierte kürzlich Industriellen-Präsident Christoph Kulterer. In Kärnten macht diese Gruppe fast 15 Prozent der unselbstständig Erwerbstätigen aus - in Vorarlberg 5,9 Prozent.

Kärntens Verwaltungsbedienstete wurden bisher auch fürstlich entlohnt. Im Bundesschnitt verdienen sie am besten. Laut IHS-Wirtschaftsbericht ist der Beschäftigtenstand von 1995 bis 2013 im öffentlichen Bereich Kärntens um fast 52 Prozent gewachsen; der Bundesschnitt liegt bei 16,4 Prozent. Hier müssen Kaiser und seine Regierung neue Fakten schaffen. Da führt kein Weg vorbei. Er kann dabei ruhig mutig sein, denn momentan fehlt in Kärnten ohnehin jegliche politische Konkurrenz. Die FPÖ ist, das ist den Kärntnern mittlerweile bewusst, nicht mehr wählbar. Und alle anderen sitzen ohnehin in der Proporzregierung.

Dass Bundeskanzler Werner Faymann am Donnerstag nach Klagenfurt kommt, um die Krediteinigung zu zelebrieren und parteipolitisch ein bisschen abzustauben, wäre im Lichte der Dramatik dieser Kärntner Existenzkrise ohne Zweifel verzichtbar gewesen. (Walter Müller, 19.5.2015)