Diese Perspektive vor Augen war einfach zu grauslich: auf die Oppositionsbank geschickt zu werden, nach 70 Jahren Regierungsverantwortung, hinausgeschmissen aus allen Aufsichtsräten und Vorstandsetagen. Alle Macht wäre dahin gewesen. Zurückgestutzt auf eine politische Realität mit den Kommunisten und Grünen - während andere das Land regierten.

In ähnlichen Bildern dürfte Franz Voves seinen Genossen im Parteivorstand die Zukunft der Partei vor Augen geführt haben, wenn sie nicht seinem Plan, den er mit seinem schwarzen Partner Hermann Schützenhöfer ausgebrütet hatte, zustimmen. Denn anderenfalls drohe Schwarz-Blau samt Rauswurf der SPÖ aus der Regierung. Mit der Faust in der Tasche und zusammengebissenen Zähnen haben die Parteivorstandsmitglieder schließlich einer Fortsetzung der Reformpartnerschaft mit der ÖVP zugestimmt. Der politische Preis war hoch: Obwohl nach der Wahl noch Erster, übergibt Franz Voves, der sich von der Politik verabschiedet, dem Zweiten, Hermann Schützenhöfer, das Amt des Landeshauptmannes für die ganze Legislaturperiode von fünf Jahren. In der er in aller Ruhe seinen Nachfolger, Christopher Drexler, aufbauen kann. Die SPÖ muss sich mit dem Vize-Posten bescheiden.

Also steht die sogenannte steirische "Reformpartnerschaft" wieder, aber nichts wird so sein wie früher. Die SPÖ wird erst langsam realisieren, was da gelaufen ist. Sie ist von einer taktisch perfekt organisierten ÖVP völlig überrumpelt worden. Gleich nach dem Wahlabend, als das katastrophale Ergebnis vorgelegen hatte und beide Parteien, SPÖ und ÖVP, sich unter 30 Prozent wiedergefunden hatten, rückte der kleine Machiavelli der ÖVP, Reinhold Lopatka, assistiert vom steirischen Parlamentarier Fritz Grillitsch, aus, um der SPÖ die blaue Karte unter die Nase zu halten - die daraufhin zu Tode erschrak. Schwarz-Blau hieße, dass die SPÖ in der Steiermark zur politischen Marginalie geschrumpft wird.

Noch nahm man in der SPÖ die Sache nicht so ernst, aber rund um die Feiertage konfrontierte Schützenhöfer seinen Reformpartner Voves damit, dass er fürchterlich unter Druck stehe, hinter dem Rücken der Steirer werde in Wien von den eigenen Landsleuten eine schwarz-blaue Koalition vorbereitet, und diese stünde knapp vor dem Abschluss. Voves sah die Zeit zum Handeln, "opferte" sich und den Landeshauptmannsessel, um einer angeblichen schwarz-blauen Revolte in der ÖVP zuvorzukommen. Dass Schützenhöfer tatsächlich von Vorgängen in Wien nicht informiert war und nur auf Druck gehandelt hat, ist schwer vorstellbar.

Mit dem Abgang von Voves geht jetzt jedenfalls ein zehnjähriges rotes Interregnum in der Steiermark zu Ende. Für viele in der ÖVP ist nun wieder der "Normalzustand" im Bundesland hergestellt. Dass die FPÖ mit ihrer extrem xenophoben, rechten Schlagseite letztendlich doch ausgebootet wurde, tut dem Land gut. SPÖ und ÖVP müssen jetzt aber diese letzte Chance einer Koalition dieser Art nützen, um die 170.000 FPÖ-Wähler abzuholen und ihnen Antworten auf deren Ängste zu geben und ihnen ein Ohr für ihren Frust und Zorn auf die Gesellschaft zu leihen.

Sie müssen jetzt echte, nachvollziehbare Alternativen auf den Tisch legen und die Bevölkerung bei ihren Entscheidungen mitnehmen. Sonst droht beiden das nächste Mal tatsächlich und wirklich die Oppositionsbank. (Walter Müller, 11.6.2015)