An Schulen darf geworben werden, aber nur unter bestimmten Auflagen.

Foto: Standard/Fischer

Wien – Ein Bub in hellblauer Latzhose und mit lila Kapperl auf dem Kopf wirft einem Mädchen im rosa Leiberl und Jeans eine Kusshand zu. Beide tragen bunte Kinderuhren. "Neue Kollektion Frühling/Sommer" steht unter dem Foto. "Mitzubringen für die Schule" heißt es auf der Seite, auf der sich das Inserat findet. Die Werbeagentur Young Enterprises ist auf Schulwerbung spezialisiert. 2013 verteilten 800 Volksschulen die "Mitteilungshefte" der Agentur, auf 17 der 56 Seiten wirbt ein Unternehmen. Diese Art der Werbung ist eigentlich nicht zulässig und soll künftig eingedämmt werden.

Der Oberste Gerichtshof hat das Mitteilungsheft von Young Enterprises im vergangenen Jahr wegen aggressiver Geschäftspraktiken verboten. Das Bildungsministerium zieht nun nach und macht die Landesschulräte auf die Regeln für kommerzielle Werbung an Schulen aufmerksam. Das Ministerium betont darin, dass schulfremde Werbung zwar zulässig sei, aber damit die Aufgaben der Schule nicht beeinträchtigt werden dürften. Zudem dürfe Werbung nie auf Kosten der pädagogischen Glaubwürdigkeit gehen.

Schulleiter entscheiden

Schulleitungen entscheiden darüber, ob in ihrem Haus für schulfremde Zwecke geworben wird. Diesbezügliche Verträge muss allerdings der Schulerhalter erlauben. Jedenfalls ist das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einzuhalten. Im Fall des mit Werbung gespickten Mitteilungsheftes war dem nicht so, weil die Schüler nicht "sofort und unmittelbar" erkennen konnten, dass es sich dabei um Werbung handelt, weil Mitteilungshefte üblicherweise ein Schulutensil sind. Die Lehrer und die Schulleitungen haben das Heft verteilt, was dem Rundschreiben zufolge als "unzulässige Beeinflussung" zu werten ist. Wenn Werbematerialien von Schulpersonal an die Schüler weitergegeben werden, werde ihnen vorgespiegelt, dass die Schule die Produkte für gut befindet. Somit würden die Schulen ihr Autoritätsverhältnis ausnutzen. "Das ist aus schulrechtlicher Sicht nicht tragbar."

Geschenkbox vom Geldinstitut

Als ein Beispiel aggressiver Geschäftspraktik nennt das Ministerium auch das Verteilen von Geschenkboxen eines Geldinstituts. In einem Büchlein, dass an die Schüler verschenkt wurde, wird die Geschichte einer Schulanfängerin erzählt, die von ihren Eltern ein Jugendkonto bekommt, auf dem ihr Taschengeld eingezahlt wird. Wenn diese Art von Werbegeschenken verteilt würde, müssten die Schüler darin eine Empfehlung der Schule für Jugendkonten sehen, kritisiert das Ministerium.

Keine Werbung während des Unterrichts

Auch Werbung während des Unterrichts ist verboten – kommt aber trotzdem vor. Ein Geldinstitut habe Markenrucksäcke verteilt, heißt es in dem Schreiben. "Dies ist in keinem Fall zulässig." Die Schüler seien zur Teilnahme am Unterricht verpflichtet und müssten sich die Werbung deshalb anhören, was den Tatbestand der Nötigung erfülle. Zudem würden solche Praktiken auch gegen das Indoktrinationsverbot an Schulen verstoßen.

Ebenfalls verboten ist es, dass Schulen selbst Werbebotschaften mit Logos, Emblemen, Marken, Mustern, Firmennamen und sonstigen Produkt- und Unternehmensbezeichnungen transportieren und etwa auf ihrem Briefpapier abdrucken. Sie dürften als Teil der öffentlichen Verwaltung nicht den Anschein erwecken, sich mit bestimmten Unternehmen zu identifizieren, heißt es im Rundschreiben.

Kritik von ÖVP-Gemeindebundpräsident

Nicht alle sind von dem Papier begeistert. Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer (ÖVP) sagte am Sonntag in den "Salzburger Nachrichten": "Der Bund nimmt den Schulen ein weiteres Stück Autonomie." Der Schulleitung würde damit die Fähigkeit abgesprochen, sorgsam mit Werbung und Sponsoring umgehen zu können.

Im Unterrichtsministerium kann man diese Kritik nicht nachvollziehen. "Es ist weiterhin die Entscheidung des Direktors, welche Werbung an der Schule stattfindet. Die Schulleiter müssen das verantworten", sagt eine Sprecherin zum STANDARD. Im Schreiben habe man lediglich die neuesten Urteile zum Thema ergänzt, Werbung zu schulfremden Zwecken sei weiter zulässig.

Raiffeisen unterlässt Werbung

All diese Urteile gehen auf Klagen des Vereins für Konsumentenschutz (VKI) zurück. Peter Kolba, Leiter der dortigen Rechtsabteilung, sagt zum STANDARD: "Rechtlich ändert sich durch das Rundschreiben nichts, es gibt den Schulleitern nur Beispiele zur Orientierung." Kolba ist das nicht genug. Er würde manche Arten von Werbung in der Schule generell verbieten. Etwa wenn in Volksschulen besonders aggressiv geworben wird. Derzeit würde sich das Bildungsministerium hier an den Schuldirektoren "abputzen".

Werbeplakate an Schulen würde Kolba weiterhin zulassen. Er spricht sich aber dafür aus, dass eigene Agenturen diese Werbung für Schulen organisieren. Derzeit würde vor allem die Marketingagenturen verdienen und die Schulen nur ein "Butterbrot". Dies sei auch bei den Werbeaktivitäten der Raiffeisen der Fall. Der VKI hat gegen aggressive Werbung der Raiffeisen Niederösterreich geklagt und einen Vergleich erzielt. Die Bank hat sich dazu bereiterklärt, ihre Praktiken zu unterlassen.

Mödlhammer ist Bürgermeister von Hallwang in Salzburg. Der Raiffeisenverband ist dort laut den "Salzburger Nachrichten" der größte Schulsponsor. Die Bank berät gerade mit dem Landesschulrat über die Auswirkungen des Schreibens auf das Sponsoring. (Lisa Kogelnik, 20.7.2015)