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Schwangere gehen öfter als empfohlen zum Arzt.

Foto: APA/DPA

Ob bei einer Risikoschwangerschaft oder bei einem völlig unauffälligen Schwangerschaftsverlauf: Werdende Mütter in Deutschland bekommen meistens dieselben Untersuchungen. Befragt wurden 1.293 deutsche Mütter, die im vergangenen Jahr ihr Baby zur Welt gebracht haben. Laut der Studie der Bertelsmann-Stiftung wurden 99 Prozent der Frauen abweichend von den offiziellen Richtlinien behandelt.

Ausnahme wird zur Regel

Die meisten Mütter nahmen Leistungen in Anspruch, die routinemäßig von den Mutterschaftsrichtlinien, dem Pendent zum Mutter-Kind-Pass, nicht vorgesehen sind. "Mehr ist nicht zwingend besser. Es gibt eine klare Überversorgung während der Schwangerschaft", sagt Uwe Schwenk von der Bertelsmann-Stiftung. Bei der sogenannten Kardiotokografie (CTG), wo unter anderem die Herztöne des ungeborenen Kindes aufgezeichnet werden, und bei Ultraschall-Untersuchungen wurden Frauen mit einer Risikoschwangerschaft gleich wie Frauen mit einem unauffälligen Schwangerschaftsverlauf behandelt. "Die Ausnahme Risikoschwangerschaft ist inzwischen zur Regel geworden", analysiert Schwenk die Studie.

Angstmacher

Die Studienautorinnen gehen noch einen Schritt weiter. Laut Rainhild Schäfers, die an der Hochschule für Gesundheit in Bochum lehrt, können sich die vermehrten Untersuchungen auch auf die Psyche der Schwangeren auswirken: "Das Überangebot an Untersuchungen schürt die Angst der Frauen vor der Geburt und möglicherweise auch ihren Wunsch nach einer vermeintlich sicheren Kaiserschnitt-Entbindung." Jede zweite befragte Frau gab an, von ihrem Arzt sehr gut beraten worden zu sein. Weitere 30 Prozent antworteten mit gut.

Allerdings wussten 95 Prozent der Frauen nicht, dass CTG nicht in den deutschen Mutterschaftsrichtlinien ausgewiesen ist und damit keine Routinemaßnahme in der Schwangerschaft darstellt. Laut Studie hatten weder das Alter als Risikofaktor noch Einkommen oder Bildungsabschluss der Schwangeren einen Einfluss darauf, ob Zusatzleistungen in Anspruch genommen wurden. (red, 27.7.2015)