Das monatelange Hin und Her um das Kriegsverbrechergericht im Kosovo zeigt entweder, dass der Chef der größten Partei PDK, Hashim Thaçi, seine Leute nicht im Griff hat, was angesichts der hierarchischen Verhältnisse wenig wahrscheinlich ist, oder aber, dass die Aufklärung der Verbrechen von Mitgliedern der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK auf organisierten Widerstand stößt. Das wird wohl so bleiben, auch jetzt, nachdem das Gericht beschlossen ist. Angesichts dessen ist ein gutes Zeugenschutzprogramm am wichtigsten – zu viele Leute haben bereits aus Angst ihre Aussagen zurückgezogen.

Das Gericht ist auch wichtig, weil die alten Netzwerke aus dem Krieg noch immer die Gesellschaft und Politik dominieren. Sie haben nicht nur Verbindungen zu Kriminellen, sondern fördern auch den undurchlässigen Klientelismus, der die wirtschaftliche und demokratische Entwicklung des jungen Staates hindert. Die allgegenwärtige Heroisierung der UÇK-Krieger lenkt zudem davon ab, dass die Unterdrückung und Vertreibung der Kosovoalbaner letztlich durch die Nato-Intervention beendet wurde.

Im Kosovo haben viele Angst, dass das Gericht die Kosovoalbaner generell zu Tätern machen könnte. Doch abgesehen davon, dass auch Albaner Opfer von UÇK-Verbrechen waren, ist das Gericht dazu da, Verbrechen aufzuklären, und nicht, ein Urteil über die Gründe oder die politische Verantwortung für den Krieg zu fällen. (Adelheid Wölfl, 4.8.2015)