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Heinrich Schmidinger hört als Uniko-Vorsitzender auf: "Ich bin meines Einsatzes müde geworden." Außerdem hat er "Sorge, dass die Unis irgendwann auf der Strecke bleiben", sollte es nicht wieder ein eigenes Wissenschaftsministerium geben.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Die autonomen Universitäten sollten auch autonom den Zugang zu den einzelnen Studienfächern regulieren dürfen, fordert der Präsident der Universitätenkonferenz (Uniko), Heinrich Schmidinger, im STANDARD-Gespräch: "Die Universitäten sollten den Zugang selbst regeln dürfen. Das ist ja auch international üblich."

Da selbst kleinere Reformen in der Uni-Politik nicht realisierbar scheinen, legt Schmidinger die Funktion als Uniko-Chef im Herbst nach zwei Amtsperioden zurück. Er sei seines Einsatzes "müde geworden, weil ich die Situation der Unis in Österreich nicht wirklich ändern konnte".

STANDARD: Sie werden im Herbst nicht mehr antreten als Präsident der Universitätenkonferenz. Sind Sie nach zwei Amtsperioden entnervt, dass de facto nichts weitergegangen ist in der Uni-Politik?

Schmidinger: Diese vier Jahre waren für mich eine große Anstrengung, nicht nur das häufige Hin- und Herfahren zwischen Salzburg und Wien. Sie haben gewaltig gefordert. Keiner meiner Vorgänger hat länger als vier Jahre amtiert, da will ich nicht aus der Reihe tanzen. Aber ich gebe auch zu, dass ich irgendwo meines Einsatzes müde geworden bin, weil ich die Situation der Unis in Österreich nicht wirklich ändern konnte.

STANDARD: Warum ist das so?

Schmidinger: Die Ursachen sind zum einen die politischen Bedingungen, die immer nur Kompromisse zulassen, aber keinen größeren Sprung nach vorne. Zum anderen ist es die finanzielle Situation. Es kommt einmal da etwas dazu, dann dort, aber grundsätzlich ändert sich an ihr nicht wirklich etwas. Und es gibt einen dritten Punkt: Die 21 Universitäten, die in der Uniko beisammen sind, stehen immer mehr in Konkurrenz zueinander. Das Finden gemeinsamer Positionen wird immer schwieriger.

STANDARD: Sind die Universitäten also auch bloß Föderalisten, wie es sie in Österreich in so vielen anderen Bereichen gibt – nicht zur Zusammenarbeit fähig oder willens?

Schmidinger: Es gibt große Bemühungen der Kooperation der Unis untereinander, sogar sehr gut funktionierende, etwa in Graz und natürlich auch anderswo. Die Konkurrenzsituation ist durch die Autonomie der Universitäten mitbedingt. Dazu kommen die jeweiligen Standorte, die ebenso ausschlaggebend sind.

STANDARD: Sie sagten vor kurzem: "Die Unis spielen in der politischen Welt eine nebengeordnete Rolle. Es ist immer etwas anderes wichtiger und aktueller." Sehen Sie Zeichen, dass sich das ändern könnte?

Schmidinger: Nein, ich sehe diese Perspektive offen gestanden nicht. Dies ist mit ein Grund, warum ich meine Uniko-Funktion nicht weiter ausüben möchte.

STANDARD: Führen Sie diesen Stillstand auch darauf zurück, dass das Wissenschaftsressort mit dem Wirtschaftsministerium fusioniert wurde und es mit Reinhold Mitterlehner einen Minister gibt, der nicht nur für die Unis sprechen soll, sondern auch für das Großressort Wirtschaft, und der dazu noch als Parteichef und Vizekanzler dauernd schauen muss, dass die Koalition nicht in die Luft fliegt?

Schmidinger: Man muss das differenziert sehen. Es war sicherlich im vergangenen Jahr ein politischer Vorteil für die Unis, dass der Wissenschaftsminister zugleich der Wirtschaftsminister, der Vizekanzler und der ÖVP-Chef ist.

STANDARD: Inwiefern?

Schmidinger: Ich bin ganz sicher, dass wir die zusätzlichen 615 Millionen Euro für 2016 bis 2018 nicht erhalten hätten, wenn er nicht in dieser Funktionsfülle darauf gedrängt hätte, dass die Unis Geld dazubekommen. Das muss man einfach sagen: Er selbst setzt sich sehr ein. Nur, bei diesen vielen Funktionen kann es sich letztlich nicht ausgehen. Deshalb habe ich die Sorge, dass die Universitäten irgendwann auf der Strecke bleiben. Ich war von Anfang an für ein eigenes Wissenschaftsressort und bin es noch. Ich glaube, dass die absehbare Entwicklung mir recht gibt.

STANDARD:Soll es nach der nächsten Wahl also wieder ein eigenes Wissenschaftsministerium geben?

Schmidinger: Ja, unbedingt.

STANDARD: Besagte 615 Millionen schmelzen wie Butter in der Sonne, weil die Unis damit immer mehr finanzieren müssen, was ursprünglich gar nicht ausgemacht war. War das eine Mogelpackung?

Schmidinger: Eine Mogelpackung wäre es gewesen, wenn von Anfang an die Absicht dazu bestanden hätte. Das kann ich nicht erkennen. Faktum ist aber, dass sich gleich nach der Einigung zwischen Finanz- und Wissenschaftsministerium Ende 2014 herausgestellt hat, dass Zusätzliches finanziert werden muss, wovon vorher nicht die Rede war, etwa die rund 100 Millionen Euro für die Umsetzung des Ärztearbeitszeitgesetzes.

STANDARD: Dieses Geld deckt nicht einmal laufende Kostensteigerungen und Inflation. Wo wird das universitäre Streichkonzert ansetzen?

Schmidinger: Das ist momentan Gegenstand der Verhandlungen über die Leistungsvereinbarung mit jeder einzelnen Universität.

STANDARD: Wo werden Sie in Salzburg Abstriche machen müssen?

Schmidinger: Wir werden sicher im Personalbereich zurückfahren müssen. Dort fallen mit Abstand die meisten Kosten, über 80 Prozent, an. Wenn ich das Budget im Griff behalten will, geht es fast nur an dieser Stelle.

STANDARD: Wie viel Prozent des Personals müssen Sie abbauen?

Schmidinger: Das kann ich erst sagen, wenn ich weiß, wie viel Geld definitiv zur Verfügung stehen wird. Davon hängt es ab. Wir sind im Übrigen angehalten, jedes Jahr ein ausgeglichenes Budget zu erwirtschaften.

STANDARD: Irgendwie entsteht der Eindruck, die Rektorinnen und Rektoren beschweren sich zwar stetig über die unbestrittene Unterdotierung der österreichischen Universitäten, aber wirklich auf den Tisch hauen tun sie dann doch nicht. Warum so zurückhaltend, gebracht hat es Ihnen ja nichts?

Schmidinger: Ich glaube schon, dass wir immer wieder auf den Tisch gehauen haben. Es hat jedoch nichts gebracht. Die finanzielle Situation bleibt die, die sie ist. Dann wird uns auch immer gesagt, dass wir einer der wenigen Bereiche seien, die noch einen finanziellen Zuwachs haben. Irgendwann muss man diese Situation zur Kenntnis nehmen.

STANDARD: Rund um die finanzielle Situation wird früher oder später, wahrscheinlich bei der nächsten Regierungsbildung, wieder ein Thema auf den Tisch kommen: Studiengebühren. Wäre das eine Geldquelle, die Sie anzapfen möchten?

Schmidinger: Ich kann hier nicht für die Uniko sprechen. Dazu haben wir unterschiedliche Meinungen. Ich persönlich war immer für Studiengebühren und bin mir sicher, dass durch sie die Situation der Unis entlastet würde, sofern das Geld nicht wieder woanders abgezogen wird wie beim letzten Mal. Selbst wenn man bei den früheren Beträgen bleiben würde – knapp 380 Euro im Semester, das fände ich akzeptabel -, ergäbe sich ein erheblicher Unterschied. Für die Uni Salzburg beispielsweise acht Millionen Euro pro Jahr.

STANDARD: Im novellierten Uni-Gesetz wurden keine neuen Zugangsregelungen verankert. Das war in der Koalition nicht verhandelbar. Sind Sie damit zufrieden?

Schmidinger: Ich bin froh darüber und erleichtert, dass es jetzt so gekommen ist, denn es stand ja auch im Raum, sämtliche Zugangsregelungen wieder zu streichen. Da hätten wir nicht mehr gewusst, wie damit umgehen. Natürlich würde ich mir als Vision wünschen, dass eines Tages die Frage des Studienzugangs an den Kapazitäten der Universitäten festgemacht wird und jede Universität dort Zugangsregelungen setzen kann, wo sie ihre Kapazitäten überschreitet oder die Betreuung der Studierenden nicht mehr gewährleistet werden kann.

STANDARD: Die Unis sollten also ermächtigt werden, dass jede einzelne abgestellt auf ihren Standort selbst den Zugang regeln kann?

Schmidinger: Ja. Die Universitäten sollten den Zugang selbst regeln dürfen. Das ist ja auch international üblich. Ich halte dies für das Vernünftigste. (Lisa Nimmervoll, 9.8.2015)