Linz – Es gab eine Zeit, da haben sich viele Wahlberechtigte geniert, ihre Präferenz für die FPÖ zuzugeben. Meinungsforscher mussten bei ihrer Hochrechnung der Sonntagsfrage jeweils deutliche Zuschläge annehmen, um dieses "Under-Reporting" wettzumachen und die wahre Stärke der Freiheitlichen annähernd korrekt zu schätzen.

Das ist vorbei, sagt David Pfarrhofer, Wahlforscher des Linzer Market-Instituts.

Bei der jüngsten Umfragewelle sagten bereits bei der sogenannten "Sonntagsfrage 1" ("Angenommen, kommenden Sonntag wären Nationalratswahlen; welcher Partei würden Sie Ihre Stimme geben?") 26 Prozent der Befragten, dass sie die FPÖ wählen würden.

Kontrolle der Stichprobe

Das erstaunt auch erfahrene Meinungsforscher, lässt sie noch einmal genauer hinsehen, ob die Stichprobe sauber gezogen wurde und welche Partei die Befragten bei der letzten Wahl (angeblich) gewählt haben. Aber Pfarrhofer ist sicher: "Das erscheint alles korrekt, wir haben einen für die Regierungsparteien fürchterlichen Befund."

Dieser Befund im Einzelnen:

  • Nur 19 Prozent sagen, Österreich entwickelt sich in die richtige Richtung, das ist der schlechteste je von Market gemessene Wert. Selbst unter der viel geschmähten Regierung Schüssel meinten in unterschiedlichen Befragungswellen zwischen 46 und 57 Prozent, dass das Land auf gutem Kurs wäre. Heute sagen 66 Prozent explizit, dass exakt das Gegenteil der Fall wäre (16 Prozent sind unentschlossen).
  • Hat die Regierung die Probleme des Landes "im Großen und Ganzen im Griff?". Auch hier Fehlanzeige: 80 Prozent sagen, die Regierung hätte die Probleme nicht im Griff. Immerhin hat sich dieser Wert (trotz zunehmender Klagen im Flüchtlingsbereich) seit März nicht weiter verschlechtert.
  • 77 Prozent sagen, in den letzten Monaten habe sich die Lage der SPÖ verschlechtert – in den Rohdaten der Sonntagsfrage liegt die Kanzlerpartei nur an dritter Stelle (hinter FPÖ und Grünen), bei einer (fiktiven) Kanzlerwahl käme Werner Faymann nur auf 14 Prozent, bei Nationalratswahlen würde die SPÖ auf 23 Prozent (etwa vier Prozentpunkte unter dem Wahlergebnis 2013) landen.
  • Koalitionspartner ÖVP geht es kaum besser: 60 Prozent sehen eine verschlechterte Lage (23 immerhin eine verbesserte). Vizekanzler Reinhold Mitterlehner käme in der Kanzlerfrage zwar auf den ersten Platz – aber längst nicht mehr mit jenen mehr als 30 Prozent, die er in den ersten Monaten als Parteichef hinter sich hatte. Und in der Hochrechnung liegt die ÖVP mit 22 Prozent hinter der SPÖ, in den Rohdaten noch deutlicher.
  • 29 Prozent für die Freiheitlichen – das erscheint sehr hoch, entspricht aber einer sehr ähnlichen Hochrechnung vom August des Vorjahres. Auffallend erscheint Pfarrhofer, dass sich zwar viele Befragte offen zur FPÖ bekennen, dass aber nur rund sechs von zehn dieser FPÖ-Wähler auch Heinz-Christian Strache als Kanzler wollen. In der Kanzlerfrage kommt Strache nur auf 17 Prozent.
  • 35 Prozent sehen die Grünen im Aufwind (allerdings sehen auch 39 Prozent eine Verschlechterung ihrer Lage). In der Hochrechnung kommen sie auf 16 Prozent, Chefin Eva Glawischnig will jeder neunte Befragte als Kanzlerin.
  • Market sieht die Neos konstant bei sechs Prozent, ebenso den Parteichef Matthias Strolz.
  • Das Team Stronach ist hart an der Wahrnehmungsgrenze: nur noch ein Prozent in der Hochrechnung. (Conrad Seidl, 17.8.2015)