Auch beim zweite Mal ist es wenig sinnvoll, über den "Gender-Streit" zu diskutieren.

Foto: Screenshot "Hart aber fair" ARD

In der Tat, es war ein "ungewöhnliches Fernsehexperiment", wie Moderator Frank Plasberg meinte. Anfang März lud der Talkshow-Gastgeber zum Thema "Der Gender-Streit – Was darf zu Mann und Frau gesagt werden?" in seine Sendung "Hart aber fair". Und es war ein kalkuliertes Fiasko. Neokonservative wie die Autorin Birgit Kelle oder einfach völlig Unbehelligte wie Schauspielerin Sophia Thomalla durften ihre seltsamen Fantasien zum Thema verbreiten. Komplimente-Fachfrau Thomalla gab etwa über die "wahren" Gründe für den Einsatz von Frauen für Gleichberechtigung Auskunft: Die hätten wohl noch nie ein Kompliment bekommen. Eine derart verquere Logik richtet sich ebenso selbst wie eine Einladungspolitik, die einer Autorin Raum bietet, die ihr Buch "Dann mach doch die Bluse zu" (es geht um den "Gleichheitswahn") betitelt. Doch um konstruktive Wortmeldungen über Gleichberechtigung, bitte, ging es auch gar nicht.

Geht es um Genderpolitisches, ist alles erlaubt

Sondern es ging darum, einen Begriff, der für sich allein stehend kein Diskussionsthema ist, in den Ring zu werfen und "Los!" zu brüllen. Dabei sollten im besten Fall Idiotien und sexistische Sager herauskommen, die man – wie so oft beklagt wird – ja nicht mehr sagen darf. Dabei ist es offensichtlich, dass einige Gäste genau deshalb eingeladen wurden, letztklassige Sprüche vor einem großen Publikum loszulassen, die dann im gleichen Atemzug den "Tugendterror" bejammern.

Kurz: Die Sendung damals war ein Affentheater. Doch wenn es um Genderpolitisches geht, ist alles erlaubt. Das ist nichts Ungewöhnliches, dennoch war die harsche Kritik von Frauenverbänden und Gleichberechtigungsbeauftragten an der Sendung völlig berechtigt, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender eine wichtige gesellschaftspolitische Debatte derart ad absurdum führt. Daraufhin wurde die Sendung aus der WDR-Mediathek entfernt, was wiederum von anderen heftig kritisiert wurde: Man würde vor feministischen Lobbygruppen einknicken. Ja, klar, diese müssen bekanntlich nur mit der Wimper zucken, um die halbe Welt in wilde feministische Geschäftigkeit zu versetzen.

Wie damals die schiachen Emanzen

Jedenfalls wurde die Sendung Montagabend nochmals neu aufgelegt: Die gleichen Gäste (Sophia Thomalla, Birgit Kelle, Autorin Anne Wizorek, FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter) plus eine mehr, Sybille Mattfeldt-Kloth vom niedersächsischen Landesfrauenrat. Dass das Niveau bei einer beinahe identen Runde nicht großartig anders war, überrascht nicht. Und am grundlegenden Problem änderte sich mit dieser seltsamen Neuauflage auch nichts: dass der Begriff "Gender" mediales Freiwild ist.

"Gender", zur Erinnerung, heißt nicht viel mehr, als dass es einen sozialen Kraftakt braucht, um "Frau" oder "Mann" zu sein. Es wär' also wegen dem Faktor Sozialisation, ganz einfach. Und viel mehr als das vielzitierte "Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es …" (Simone de Beauvoir) steckt erst einmal nicht dahinter. Trotzdem wird dieses in dem Begriff "Gender" verdichtete Wissen (ja, Wissen, nicht Glaube) laufend der Lächerlichkeit preisgegeben und werden Qualitätskriterien über Bord geschmissen. Das Ganze nochmals zu wiederholen braucht es wirklich nicht, ist das doch eh Dauerzustand. Ähnlich wie damals in den 1970ern, als man sich noch über hässliche Emanzen lustig machte. Aber das darf man ja heute nicht mehr sagen. (Beate Hausbichler, 9.9.2015)