Genussmenschen stehen unter Generalverdacht, das soziale Gewissen leerer Weinflaschen zu haben. Ab und zu würden wohlstandsgelangweilte Gattinnen zu geselligen Charity-Events laden, um ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen. Freilich ist der Grat zwischen Empathie und Heuchelei schmal. Nicht selten tut man Gutes, um sich gut zu fühlen. Dennoch heiligt bisweilen der Zweck die Motive.

Abseits von Reich und Schön zeigt die alljährliche Weinversteigerung des Wiener Integrationshauses, dass Genuss und soziales Engagement einander nicht ausschließen.

Fluch8erl

Angesichts des aktuellen Flüchtlingsdramas engagieren sich derzeit auch etliche Protagonisten der Weinszene: "Wein gegen Rassismus" bietet dafür eine Plattform im Netz. Raritäten werden versteigert, der Gegenwert getrunkener Flaschen wird gespendet, oder Etiketten mit Parolen wie "Fuck off Intolerance" werden zugunsten von Flüchtlingen verkauft. Die Cordobar in Berlin hat die Initiative "flucht8erl" ins Leben gerufen, bei der das letzte Glas jedes Abends gespendet wird, der Schnapsbrenner Hans Reisetbauer finanziert ein Containerdorf für Flüchtlinge, und das Pub Klemo am Fluss lädt zum Saisonschluss am 4. Oktober – die Einnahmen werden der Hilfsorganisation Care zur Verfügung gestellt. Gut, dass Wein nicht nur hilft zu vergessen. (Christina Fieber, RONDO, 30.9.2015)