Bernadette Conrads (Zweite von rechts) bei einer Identitären-Demo 2014.

Standard/Robert Newald

Wien – Wenn die Politik versage, müsse man Dinge selbst in die Hand nehmen: Nach diesem Motto agierte diese Woche eine Gruppe der sogenannten Identitären Bewegung. Um gegen die vermeintliche "Völkerwanderung" zu protestieren, errichteten die rechtsextremen Aktivisten kurzerhand selbst einen Zaun an der Grenze zu Ungarn. Der war zwar nur wenige Meter lang, inszenieren konnte man die Aktion in sozialen Medien allerdings gut. Parallel dazu ging eine neue Kampagnenseite der Identitären online, in der sie den Schutz der österreichischen Grenzen forderten.

Zitiert wurden auf der Seite Politiker und Aktivisten unterschiedlichsten Hintergrunds, etwa auch Grünpolitiker Peter Pilz – der deswegen seinen Anwalt eingeschaltet hat. Die Aktion macht die Strategie der Gruppierung deutlich: Rechtsextreme Inhalte werden publikumswirksam inszeniert, der politische Hintergrund durch die Einbindung von des Rechtsextremismus unverdächtigen Personen wie etwa Pilz verschleiert.

Verfassungsschutz beobachtet

Mit Parteipolitik wollen die Identitären offiziell nichts am Hut haben. Doch schon länger bestehen Verbindungen zur FPÖ. In Wien tritt mit Bernadette Conrads eine Aktivistin für die Freiheitlichen bei den Gemeinderatswahlen an. Auf dem Landeslistenplatz 169 hat sie keine großen Chancen, in das Rathaus einzuziehen, auch ein Platz in der Bezirksvertretung ist höchst unwahrscheinlich. Allerdings kandidiert für die FPÖ damit eine Aktivistin einer Gruppe, die unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Im Verfassungsschutzbericht 2014 stellt die Behörde fest, dass sich in ihren "Reihen amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen".

"Wer bei der FPÖ ist, braucht nicht bei den Identitären mitmarschieren"

Das Engagement von Conrads für die Identitären sei Schnee von gestern, heißt es dazu seitens der Wiener FPÖ. Man habe kein Problem damit, da Conrads lediglich einmal bei einer Demonstration mitgegangen und mittlerweile nicht mehr aktiv sei. "Wer bei der FPÖ ist, braucht nicht bei den Identitären oder bei der Pegida mitmarschieren", sagt FPÖ-Landesparteisekretär Toni Mahdalik zum STANDARD.

Trotz dieser Abgrenzung bestehen zwischen der FPÖ und den Identitären schon länger Beziehungen, sagt der Rechtsextremismusforscher Julian Bruns, der sich seit Jahren mit der Gruppierung beschäftigt.

Ermittlungen "wegen gewaltbereiter Angriffe"

So verbreitete FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bereits Identitären-Inhalte auf seiner Facebook-Seite. Die Parteijugend, der Ring Freiheitlicher Jugend, organisierte gemeinsam mit den Identitären Veranstaltungen. Zu den Aktivitäten der Identitären zählen die Störung von Veranstaltungen, Straßenblockaden, Besetzung von öffentlichen Einrichtungen sowie Demonstrationen. Im Juni dieses Jahres kam es rund um einen Marsch mit dem Motto "Stoppt den Großen Austausch!" in Wien zu gewalttätigen Übergriffen auf Fotografen und Gegendemonstranten. Es gab Verletzte und Sachschaden – das Dach der U-Bahn-Station Reumannplatz in Favoriten wurde in Brand gesetzt. Als Reaktion auf diese Ausschreitungen leiteten die Behörden erstmals Ermittlungen "wegen gewaltbereiter Angriffe" gegen Identitäre ein. (Markus Sulzbacher, Fabian Schmid, 23.9.2015)