Wien – Ein "Klassiker des Jugendtheaters" soll Titus sein. Klassisch ist ja mittlerweile vieles: mustergültig Ausgeführtes, Kanonisiertes, Stücke aus der Goethe- und Schillerzeit usw. Der Bezug zur Antike ist dem Schauspielsolo, mit dem sich Sven Kaschte dem Publikum des Dschungel Wien als Ensemblemitglied vorstellt, nicht anzumerken. Was es aber klassisch macht, ist seine relative Bekanntheit und sein recht typischer Stoff.

Denn die Linie der männlichen Charaktere, die an Liebesdingen verzweifeln und ihre Eltern hassen, ist lang und gut bestückt. Und tatsächlich lehnt sich Jan Sobries Werk ausführlich an die bekannteste aller Krisen des Erwachsenwerdens an – Titus läuft mit Handy in des jungen Werthers Spuren: Zornig ist er und bemüht um ein Mädchen; natürlich auch kurz vorm Freitod. Am Dach seiner Schule stehend kommt er dann aber ins Reden und ruft sich in Erinnerung, was ihn so weit getrieben hat. In wenig aufdringlicher Jugendsprache erzählt er sein Leben, das bestimmt ist von seinem Vater. Zum Recht der Eltern gehört auch das der Namensgebung, und mit Titus wäre der Jüngling wohl einverstanden, hätte man ihn nach dem Andronicus und nicht nach des Vaters liebstem Schwein benannt. Der Fleischermeister beweist tatsächlich schrägen Humor, will er doch auch, dass sein Sohn als Vegetarier den Betrieb übernimmt. Zu allem Überfluss ist Titus auch noch von seiner Freundin versetzt worden.

T und T

Zunächst lief zwischen Titus und Tina alles gut: Ameisen kribbelten im Bauch, und Küsse versprachen mehr. Dann aber schritt die konservative Mutter der Angebeteten ein und trennte die so passende Alliteration. Das T-Sein allein verstärkt Titus' Rebellion entsprechend: Er schreibt seiner zweiten Hälfte und hofft auf bessere Zeiten im Exil. Doch die erscheint am verabredeten Fluchtpunkt nicht. Das Leben ist für Titus nicht mehr nur manchmal scheiße.

Zum Glück ist sein Kopf in den Wolken. Im Gegensatz zu seinem Vorbild Werther kommt ihm von oben nämlich die Eingebung, dass doch irgendwie alles gut weitergeht. Dieser Twist nimmt dem Stoff seine Radikalität. Dafür ist Kaschtes Titus lustig. (kf, 25.9.2015)