Monteverdis "L'Incoronazione di Poppea", wo es "krass" zur Sache geht – mit Alex Penda (als Poppea) und Valer Sabadus (als Nerone).

Foto: Rittershaus

Wien – Er ist nett, sanft, herzlich und strahlt mit 29 Jahren noch eine jungenhafte Reinheit aus. Auf der Bühne verwandelt sich Valer Sabadus nun ins komplette Gegenteil: in Kaiser Nero. Der ist ziemlich größenwahnsinnig, relativ unberechenbar und wahnsinnig verliebt in die tolle Poppea.

"Da wird der Kaiser eines Imperiums zur Marionette einer gewöhnlichen Straßendirne" – so hat Nikolaus Harnoncourt die "amoralische" Handlung von Monteverdis letzter Oper zusammengefasst. "Er wollte nicht moralisch anprangern, was Nerone gemacht hat", so Valer Sabadus. Man dürfe nicht vergessen, dass er das Werk 1642 für ein öffentliches Opernhaus komponiert habe und nicht für einen Fürstenhof. "Das zahlende Publikum brauchte ein actiongeladenes Drama und auch ein bisschen Komödie, da hat sich Monteverdi angepasst."

Sabadus, Countertenor mit einer samtweichen Sopranstimme, singt den Nerone zum ersten Mal. Wo liegen die Herausforderungen? "Es gibt keine affektgeladenen Da-capo-Arien, sondern es ist ein abgeschlossenes Dramma per musica. Es ist natürlich krass, so einen Charakter wie Nerone darzustellen, aber die Musik hilft mir dabei." So wie auch die Arbeit mit Claus Guth, bei der man sich die Vorgeschichte der Hauptfiguren bewusst gemacht hätte.

Karge Abschriften

Die Oper ist lediglich in zwei kargen Abschriften erhalten, der Dirigent muss Instrumentation und Harmonisierung selbst erledigen. Wie hat Jean-Christophe Spinosi das gemacht? Spinosi hätte alles ein bisschen opulenter besetzt als Monteverdi, verrät Sabadus: mit Bläsern, mit zwei verschiedenen Continuo-Gruppen. "Zwischen den Szenen werden zudem atonale Klänge eingespielt – die vorher aufgenommen und dann verzerrt wurden. Das bringt auch dieses verzerrte Bild der einzelnen Charaktere besser rüber."

Stimmt die Chemie mit seiner Poppea, Alex Penda? "Alex macht die Oper wie ich zum ersten Mal, wir kannten uns vorher nicht", erzählt Sabadus. "Unsere Stimmen sind von Natur aus sehr unterschiedlich, trotzdem haben wir einen homogenen Klang entwickelt. Vom Szenischen her hilft es, dass sie sehr feurig ist, ein Vollweib, was zur Rolle gut passt."

2009 hat Sabadus bei den Salzburger Pfingstfestspielen international Aufmerksamkeit erregt, seitdem folgten große Partien an renommierten Opernhäusern. Seit 2014 steht er bei Sony unter Vertrag, demnächst bekommt er einen Echo für die beste solistische Einspielung. Die richtige Karriereplanung – ist das auch eine Kunst? "Am Anfang nimmt man alles, was man kriegt – da habe ich sicher auch Fehler gemacht, Rollen angenommen, die mir nicht so lagen. Aber irgendwann entwickelt man einen Selbstschutz, achtet auf Ruhephasen, versucht, die richtigen Rollen zum richtigen Zeitpunkt zu singen."

"Sehr traurig, was da passiert"

Sabadus ist 1991 als Fünfjähriger mit seiner Familie von Rumänien ins bayerische Landau an der Isar übersiedelt. Wie ist es ihm da gegangen und wie sieht er die Situation der Flüchtlinge aktuell? Im Banat sei er mehrsprachig aufgewachsen, erzählt Sabadus mit leicht bairischer Sprachfärbung: "Zu Hause haben wir Ungarisch gesprochen, die Amtssprache war Rumänisch, und in der Schule wurde Deutsch gelernt. Dadurch gab es für uns in Deutschland keine sprachliche Barriere und wir haben uns schnell assimiliert."

Er empfinde eine große Empathie für das, was gerade passiert. "Man muss sich das vorstellen: Da kommen Leute, die zu Hause nicht mehr wissen, wie sie überleben sollen. Und es ist nicht ihre Schuld, dass es die internationale Staatengemeinschaft nicht geschafft hat, einen ordentlichen Plan aufzustellen, wie in den Herkunftsländern die Probleme gelindert werden können. Es ist sehr traurig, was da passiert." (Stefan Ender, 11.10.2015)