Die "Blutsschwestern" wehren sich mit Mega-Egos gegen die Normierung ihrer Körper.

Foto: Rainer Berson

Wien – Dieses Quintett stellt eine Girls-Gang dar, deren Mission es ist, das Selbstbewusstsein von Mädchen ab 13 Jahren ordentlich anzuheben. Denn die Welt "out there" ist ein "jungle" mit "poison in the air", wie schon Randy Newman für die TV-Serie Monk gesungen hat.

Die fünf auf ganz unterschiedliche Art begabten Tänzerinnen in dem neuen Stück Blutsschwestern der Choreografin und Regisseurin Corinne Eckenstein sind schon Mitte zwanzig und daher um einige Erfahrungen reicher als die Buben und Mädchen im Auditorium. Ort der Uraufführung: das Dschungel-Theater für junges Publikum, dessen Leitung Eckenstein (52) im kommenden Jahr übernehmen wird.

Die Gang-Sisters im Stück haben begriffen, dass sie Gefangene der Konventionen einer Geldgesellschaft sind. Deren Enge zeigt sich darin, dass alles unter dem Vorzeichen seiner Konsumierbarkeit verhandelt wird. Also wehren sich die fünf: gegen die Normierung ihrer Körper durch die Ästhetik der Werbung oder gegen auf Mädchen zugeschnittene Benimmregeln. Und explizit dagegen, sexuell belästigt zu werden, was bei den Buben im Publikum bei einer Vormittagsvorstellung zu gewissen Geräuschentwicklungen geführt hat.

Mit erhobener Faust ruft eine der Tänzerinnen, sie wolle Kinder. Aber damit zu warten, bis sie eine abgesicherte Existenz habe, sei sinnlos – also müsse Unterstützung her. Das ist nicht ironisch gemeint. Die Schwestern bewegen sich in einer auf Musik, Kleidung, Posing und Showing-off gerichteten Freizeitdynamik. Ich ist da alles, Werte wie Verantwortung, Intelligenz oder soziales Handeln kommen weniger vor.

Das Stück könnte trotzdem an eine Pippi-Langstrumpf-Show erinnern, wäre da nicht eine Sexgeladenheit mit im Spiel. Die passt nicht zu der Lindgren-Figur, wohl aber zu einer Generation, die über Pornos in ihre Sexualität eingeführt wird. Fazit: Wichtig ist dieses Stück dort, wo Respekt für Frauen eingefordert wird, schwierig wird es, wo die konformen Schwestern als Mega-Egos auftreten, die vor allem ihr Äußeres im Kopf haben. (Helmut Ploebst, 27.10.2015)