Wien – Mein Ort. Nirgends hat das Theater Drachengasse als Spielzeitmotto ausgerufen. "Wo gehören wir hin?", fragt man angesichts zunehmender Migration, dauernder Verfügbarkeit und zerfallender sozialer Bindungen. Alle drei spielen in Brandung von Maria Milisavljevic eine Rolle.

Seit zwei Tagen hat Vlado nicht geschlafen. Karla, mit der er zusammen war/ist, wird vermisst. "Gute Mädchen kommen in den Himmel, die bösen überall hin" stand auf ihrem Beutel, doch wo ist sie? In 90 Minuten suchen Roman Blumenschein, Anna Kramer und Constanze Passin nach der Abgängigen und den Gründen (Regie: Sandra Schüddekopf). Nach und nach kommen so die polyamoren Vielecksbeziehungen in der fünfköpfigen Gruppe zur Sprache. Dazwischen hinein spielen Erinnerungen an eine Familiengeschichte, die auch Migrationsgeschichte, Aufarbeitung der Trennung der Eltern und eine Anleitung zum Kaninchenschlachten ist.

Das klingt ambitioniert, macht aber bloß viele Worte um eigentlich wenig. Im Grunde laufen die Stränge recht lose nebeneinander her und auf nichts hinaus: Sie mögen zusammen eine Wurzellosigkeit heraufbeschwören sollen, bleiben dabei aber Flachwurzler; das Migrationsthema ein Feigenblatt für simples Liebespech. Brandung erzählt wie die Figurenstimmen weitgehend bloß nach, Entwicklung oder Erkenntnis abseits des Offenbar(t)en bleiben letztlich aus. Mehr als dürftige Dramatik kommt so nicht auf. Ob dieser Textschwäche können auch die tadellosen Darsteller nicht viel ausrichten. (Michael Wurmitzer, 28.10.2015)