Claudia Kottal in ihrem Element: Verwandlungskunst.

Foto: Bettina Frenzel

Wien – Der Titel des betreffenden Theaterstücks von Robert Hewett leidet ein wenig unter seiner Länge: Die Blonde, die Brünette und die Rache der Rothaarigen. Er klingt im Original auch deutlich besser: The Blonde, the Brunette and the Vengeful Redhead. Aber das fällt nicht im Geringsten ins Gewicht, wenn Claudia Kottal das Ruder übernimmt. Die Wiener Schauspielerin, als Laura-Rudas-Double in der ORF-Satireshow Wir Staatskünstler in die Geschichte eingegangen, beweist in dem australischen Krimidrama ihre Verwandlungskunst. Im Kosmostheater wurde am Dienstag deutschsprachige Erstaufführung gefeiert.

Kottals Sprechwerkzeuge, die sie für insgesamt sieben verschiedene Figuren dieser mörderischen Eifersuchtsstory auspackt, sind das Epizentrum von Christine Wipplingers Inszenierung: denkwürdig, wie der von Kottal verkörperte Graham, ein liederlicher Vorstadtgigolo, von seinem "extraschaaffem Tschillli" erzählt (Deutsch von Katharina Schuster und Wipplinger).

Perspektivwechsel

Der Abend gleicht einer Wundertüte: Kottal wechselt die Figuren mit ihrer Kleidung. Eine Plattitüde, meint man, doch wie sie die Transformation vollzieht, auch mit aller Physis, das gleicht einem geheimnisvollen Schwebezustand. Sie setzt sich Perücken auf, auch das keine Riesenüberraschung, doch ihr Spiel setzt jenseits der Verkleidungskunst an.

Die kluge Bauweise des Stücks gibt den richtigen Drive dazu: Jede der in das Eifersuchtsdrama in einem Einkaufszentrum involvierten Figuren – sei dies verwandtschaftlich, nachbarschaftlich oder libidinös – hält ihre Rede. Der so implementierte Perspektivwechsel setzt pure Dramatik frei: Aussagen relativieren sich rückblickend, erweisen sich als unwahr oder bekommen eine andere Bedeutung.

Als Zaungäste der vor nackten Wandelementen (Ausstattung: Andrea Bernd) vollführten Kottal'schen Mutationskunst fungieren Musiker Imre Lichtenberger-Bozoki und Regieassistentin Lisa Niederwimmer. Ein Höhepunkt dabei ist gewiss die Interpretation jener aus Minsk gebürtigen Frau, deretwegen das Eifersuchtsdrama überhaupt ins Rollen gerät, die Besitzerin eines "Juwäällengeschääfts", die aber jeden Anflug unehelicher Romantik von sich weist.

Doch weiß man's? Würde das Reihum-Erzähltheater über sein Ende hinaus weitergehen, man legte für ihr Statement nicht die Hand ins Feuer. Auch das ist ein genialischer Kniff in diesem Stück: Es lässt sich nicht festnageln. Und natürlich lauert hinter seinem scheinbar boulevardesken Inhalt die Tragik. (Margarete Affenzeller, 12.11.2015)