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Künftig können Modellregionen für eine gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen gebildet werden – allerdings mit deutlichen Einschränkungen.

Foto: dpa / Frank Leonhardt

Nach einem fast zwölfstündigen Verhandlungsmarathon haben SPÖ und ÖVP am Dienstag wie geplant ihre Bildungsreform präsentiert. Herausgekommen ist eine klassische Kompromisslösung. Vor allem politisch heikle Themen wie die Lehrerverwaltung und die Gesamtschulmodellregionen wurden so fürs Erste entschärft und in das Reformpaket gepackt. Daneben gibt es eine Reihe von Vorschlägen, die bei den Verhandlern schon früh außer Streit gestellt wurden. Im Folgenden ein Überblick über die zentralen Punkte aus dem Reformpapier.

Elementarpädagogik: Für die Kleinsten sieht das Paket mit dreieinhalb Jahren einen Bildungskompass vor. Alle Kinder sollen einer "verpflichtenden Potenzialanalyse" beziehungsweise einem "Sprach- und Entwicklungsscreening" im Rahmen eines "Eltern-Kind-Pädagoginnen-Gesprächs" unterzogen werden. Bis zum Ende der Schullaufbahn soll eine "durchgehende Sprachstands- und Entwicklungsdokumentation" stattfinden.

Im Ministerratsvortrag steht ein "zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle, mit Opt-out-Möglichkeit" – je nachdem, was der Kompass in Sachen Sprache und Entwicklung anzeigt, gibt es Ausnahmen, aber erst nach drei Monaten Kindergarten.

Ein bundesweit einheitlicher Qualitätsrahmen soll bis Ende 2016 in Abstimmung mit den Ländern entwickelt werden. Das im Kindergarten arbeitende Personal soll mit Fokus auf Sprachförderung qualifiziert, die Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (Bakip) sollen berufsbildende höhere Schulen (BHS) werden.

Schuleingangsphase: Das letzte Kindergarten- und die ersten beiden Volksschuljahre werden künftig als "gemeinsame Schuleingangsphase aufgefasst". Die im Bildungskompass enthaltenen Informationen über die Entwicklung der Kinder folgen dem Kind in die Schule, "förderbezogene Daten" sollen auf bundesweit geltender Basis ausgetauscht werden können.

Außerdem gibt es die autonome Möglichkeit des jahrgangsübergreifenden Unterrichtens mit flexibler innerer Differenzierung.

Kinder, die nicht gut Deutsch können, sollen "insbesondere in den Ballungsräumen als Ergänzung zum Unterricht in der Stammklasse "rechtlich verbindlich in eigenen 'Sprachstartklassen für Neuzugänge ohne oder nur mit unzureichenden Deutschkenntnisse/n' gefördert werden".

Freiräume: In der Grundstufe (bis zur 4. Schulstufe) sind künftig schulstufen- und jahrgangsübergreifende Schülergruppen erlaubt. Je nach Schultyp dürfen Lehrer autonom vom Lehrplan abweichen (von fünf Prozent in der Volksschule bis zu einem Drittel in der Neuen Mittelschule und AHS-Unterstufe). Richtgröße für autonome Schuleinheiten ist eine Schülerzahl zwischen 200 und 2.500 (plus/minus zehn Prozent). Künftig muss auch jede Schule jährlich einen "pädagogischen Qualitätsbericht" erstellen. Die Schulöffnungszeiten können übrigens "bedarfsorientiert" mit den Schulpartnern abgestimmt selbst festgelegt werden, etwa zwischen 7 und 18 Uhr.

Direktoren werden künftig mit Stellvertretern die Schulen managen. "Die Personalauswahl erfolgt durch die Schulleitung im Einvernehmen mit der Schulbehörde, wobei die Schulleitung ein Vetorecht bei Neuanstellungen hat." Fünf Prozent des pädagogischen Personals dürfen in Supportpersonal umgewandelt werden.

Modellregionen für eine gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen können als "Schulverbund ('Region')" gebildet werden. Eine Modellregion darf aber nur Teile eines Bundeslands umfassen, und in keinem Land dürfen mehr als 15 Prozent aller Schulstandorte der jeweiligen Schulart beziehungsweise aller Schülerinnen und Schüler beteiligt sein.

Privatschulen können freiwillig teilnehmen, so sie wollen. Die Schulpartner sind "beratend" einzubinden, und es muss ein "pädagogisch inklusives Konzept" geben, das wissenschaftlich begleitet wird. Der Bund wird keine zusätzlichen finanziellen Mittel dafür hergeben. 2025 soll erstmals evaluiert werden.

Verwaltung: In Zukunft wird es für jedes Bundesland eine "Bildungsdirektion" geben, sie ist als "Bund-Länder-Behörde" ausgeschildert, der Direktor oder die Direktorin wird auf Vorschlag des Landeshauptmanns auf fünf Jahre ernannt, untersteht als Bundesbeamter aber der Bildungsministerin. Die Konstruktion entspricht im Groben der alten Organisation der Landesschulräte. Die Landeshauptleute, die jetzt überall als Landesschulratspräsidenten amtieren, können per Landesgesetz die "Rolle des Präsidenten" der neuen Behörde innehaben (oder das zuständige Mitglied der Landesregierung). Die jetzt amtsführenden Landesschulratspräsidenten, deren Vizes (in fünf Ländern per Gesetz vorgesehen) und die parteipolitisch besetzten Kollegien werden abgeschafft (Einsparpotenzial sechs Millionen Euro).

Diese Behörde wird die Bundes- und Landeslehrer (ihr Dienstgeber ändert sich für beide Gruppen nicht) verwalten. Für Direktorenbestellungen wird es ein bundesweit einheitliches Verfahren geben. Abgerechnet wird zentral über das Bundesrechenzentrum.

Innovationspaket: Bis 2020 sollen alle Schulen ultraschnelles Breitbandinternet und WLAN erhalten. Außerdem ist die Errichtung einer vom Bund dotierten "Bildungsstiftung" geplant, für die auch Private spenden können und aus der "innovative Bildungs- und Schul(forschungs)projekte" via Wettbewerb gefördert werden sollen. (Lisa Nimmervoll, 17.11.2015)