Am 2. September 2013 radelten zehn Capoeiristas in San Francisco in Kalifornien los. Der gebürtige Wiener Peter Illetschko war mit von der Partie. Ihr Ziel war Salvador de Bahia in Brasilien. Die Reise sollte etwas mehr als ein Jahr dauern und führte auf dem Highway 1 gegen Süden, durch die Wüste Baja Californias, vorbei an den Vulkanen und Seen Zentralamerikas und per Schnellboot um den straßenfreien Darien Gap zwischen Panama und Kolumbien herum.

Mestre Acordeon, eine 70-jährige Capoeira-Legende und seine Gattin Mestra Suelly, führten acht Praktikanten der akrobatischen, brasilianischen Kampfsportart an. Sie wollten die Wurzeln ihrer Kunst erforschen und in Form eines Filmes dokumentieren. Das Einkommen des Filmes wird einem karitativen Projekt in Salvador gewidmet.

Die Gruppe wollte dies jedoch auf umweltfreundliche, gesunde und interkulturell wertvolle Art und Weise machen. Das Rad erschien ihnen als die beste, wenn auch aufgrund extremer Bergwertungen in Zentralamerika und in den Anden sehr anstrengende, Variante, um diesen Gedanken zu verwirklichen.

Peter schreibt gerade ein Buch über das Abenteuer. Auf seiner Website und in seinem Blog gibt er bereits einen Vorgeschmack. Die Fotos schossen Mariano Wechsler, Javier Campuzano und Juanjo Gonzales für Peter Illetschko.

Von San Francisco ging es über Los Angeles in die einsamen Weiten von Baja California. Über 1.600 Kilometer Wüste durchradelte die Mannschaft bis ans Südende der mexikanischen Halbinsel.

Foto: Peter Illetschko

Normalerweise sind Langzeit-Radtourgruppen kleiner. Die Gruppendynamiken, die sich zwischen den manchmal bis zu 15 Radlern entwickelten, waren oft schwieriger zu bewältigen als die täglichen Etappen. Am Ende wuchs die Gruppe jedoch zusammen.

Foto: Peter Illetschko

Bei ihrer Fahrt ging es ganz wesentlich um Capoeira – eine über 400 Jahre alte brasilianische Kampfsportart die von afro-brasilianischen Sklaven entwickelt wurde. Selbstverteidigung, Musik, Akrobatik und eine freiheitsbewusste Lebenseinstellung sind die wichtigsten Elemente dieses kulturellen Erbes der Sklavenzeit.

Foto: Peter Illetschko

Eine andere Form der Freiheit genossen zweifellos auch die Radler. Die täglichen Anstrengungen wurden oft mit unglaublichen Naturschauspielen belohnt – hier mit dem Ausblick auf den Lago Atitlan.

Foto: Peter Illetschko

Die zehn Räder mitsamt 40 Packtaschen mussten manchmal auch auf motorisierte Weise weitergebracht werden. Hier auf einem Kutter über den Lago Atitlan in Guatemala.

Foto: Peter Illetschko

In Chacahua in Mexiko sind gerade geschlüpften Meeresschildkröten eines Umweltprojektes am Weg von ihrem Brutort in ihr eigentliches Element.

Foto: Peter Illetschko

Eine Frau in Nicaragua beim Weben einer ihrer bunten Produkte. "Nicaragua war sehr interessant, vielfältig und weit billiger als Costa Rica. Letzteres ist auf einer einjährigen Radtour schon wichtig", schreibt Illetschko, der früher unter anderem für Microsoft gearbeitet hat.

Foto: Peter Illetschko

Hier genießt er die Fahrt durch Costa Ricas Hauptstadt San José, nachdem er die mühsame Etappe durch die Hochebenen in der Region geschafft hat.

Foto: Peter Illetschko

Einzigartig: Die San-Blas-Inseln, die vom Volk der Kuna semi-autonom von Panama verwaltet werden. Die Route durch das Inselparadies in einem klapprigen Schnellboot war die einzige Alternative zu den von der Guellerilla kontrollierten dortigen Straßen.

Foto: Peter Illetschko

Ein einzigartiges Schauspiel erwartete die Radler in Parintins, einem kleinem, verschlafenen Dorf am Amazonas, welches einmal im Jahr zum Mittelpunkt des brasilianischen Nordens wird. Alle Einwohner nehmen am Festival do Boi teil, tanzen, singen, stampfen mit den Füßen oder ziehen riesige Pappmaché-Drachen durch ein Stadion, um faszinierende Amazonasmythen für drei atemberaubende Tage zum Leben zu erwecken.

Foto: Peter Illetschko

Aber auch die Natur war für Überraschungen gut: Die Artenvielfalt und Neugier diverser tierischer Besucher beschränkte sich nicht nur auf Taranteln, Skorpione, Piranhas oder Moskitos.

Foto: Peter Illetschko

Trotzdem war es immer wieder ein Glückserlebnis, aber auch ein Adrenalinschub, wenn die Radler nach Wochen in der Einöde wieder in eine größere Stadt kamen. Der brutale Verkehr Lateinamerikas, die starrenden Menschenmassen und die ungewohnten Gerüche gaben ihnen nach einem langem Tag den letzten Schub, um ans Ziel zu kommen.

Foto: Peter Illetschko

Nach fast genau einem Jahr standen die Radler schließlich glücklich an der Grenze zu Bahia, dem Heimatsbundestaat von Mestre Acordeon und Capoeira. Weltenbummler Peter Illetschko bloggt immer noch regelmäßig aus Brasilien: Die Radreise ist zwar schon zu Ende, das Abenteuer aber noch nicht. (fbay, 1.12.2015)

Foto: Peter Illetschko