Im Bestreben, Asylsuchende durch härtere Gesetze möglichst abzuhalten, steht Österreich mit seinen aktuellen Asylnovellenplänen nicht allein: Auch in anderen, von der starken Fluchtbewegung der vergangenen Monate hauptbetroffenen Staaten Westeuropas, in Deutschland und Skandinavien, werden derlei Ideen gewälzt.

Konkret wird jeweils überlegt, das Aufenthaltsrecht Asylsuchender und anerkannter Flüchtlinge zu schwächen sowie den Familiennachzug Schutzberechtigter zu erschweren. Diese Pläne haben eines gemeinsam: Sie sind gesellschaftspolitisch absolut kurzsichtig, weil sie potenziell desintegrierend wirken.

Denn auch wenn aufgrund strengerer Bestimmungen künftig vielleicht ein paar Prozent weniger Flüchtlinge ins Land kommen: Für jene, die schon da sind, verstärkt sich die existenzielle Unsicherheit. Wer drei Jahre oder länger warten muss, um einen fixen Flüchtlingsstatus zu erlangen, und wenig bis keine Möglichkeiten sieht, seine nächsten Angehörigen nachzuholen, wird es schwerer haben, sich mit der Aufnahmegesellschaft anzufreunden.

Er oder sie wird auf diese Gesellschaft, die ihm oder ihr hart entgegentritt, mit Frust reagieren – oder vielleicht gar mit Zorn, der für religiöse, antiwestliche, gewaltorientierte Propaganda empfänglicher machen kann. Das ist ein Risiko, das bei asylrechtlichen Verschärfungsplänen unbedingt mitbedacht werden sollte, in Österreich und europaweit.
(Irene Brickner, 30.11.2015)