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Wie viele Gesamtschulen dürfen's sein? Für die Bildungsministerin sind die 15 Prozent ein Richtwert, der gern überschritten werden darf. Die ÖVP sieht das wenig überraschend anders.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien – Immerhin. Zwei Wochen und einen Tag hat es gedauert, bis die demonstrative Freude der Regierung über die Verhandlungsergebnisse der Bildungsreform dem tagespolitischen Schlagabtausch weichen musste. Am Mittwoch rückten Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) und der schwarze Klubchef Reinhold Lopatka mit der Botschaft aus: An der 15-Prozent-Quote, die man für die Einführung der Gesamtschulmodellregionen als Obergrenze definiert hat, wird nicht gerüttelt. Vorerst jedenfalls.

Entsprechend ärgert sich Lopatka über Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Die hatte im Ö1-"Journal zu Gast" in Zusammenhang mit der 15-Prozent-Quote gemeint: "Wer weiß, ob sich im parlamentarischen Prozess nicht noch das ein oder andere ergeben könnte." Wenig überraschend lautet die rote Devise: "Mehr ist besser." Lopatka hält im STANDARD-Gespräch dagegen: "Die 15 Prozent werden in der Regierungsvorlage sein. Jetzt schon einen Streit über eine Regierungsvorlage zu führen, die es noch gar nicht gibt, finde ich höchst eigenartig." Nachsatz Richtung Heinisch-Hosek: "Sie hat das ja noch bejubelt."

Grüne Gesprächsbasis

Der grüne Bildungssprecher Harald Walser jubelt nicht. Im STANDARD-Gespräch definiert er, worüber mit seiner Partei, der für die Beschlussfassung der Schulreform eine Schlüsselrolle zukommen könnte, überhaupt diskutiert werden kann: "Wenn es darum geht, wie viele Gebiete in Österreich Modellregion werden können – hier können wir über Prozente reden." Dass innerhalb einer Region nur ein bestimmter Prozentsatz der Schulen Gesamtschulen werden sollen, komme nicht infrage.

Lopatka will sich nicht von den Grünen diktieren lassen, was die Regierung zu tun hat. Dann müsse man eben auch mit der FPÖ ins Gespräch kommen, um die Zweidrittelmehrheit zu sichern. Und die braucht es laut Verfassungsjurist Theo Öhlinger jedenfalls – sowohl für die Gesetzwerdung der Gesamtschullösung als auch für die Einführung der Bildungsdirektionen. Realpolitisch werde man aber wohl auch jene Teile der Reform mit Zweidrittelmehrheit verabschieden, die das gar nicht bräuchten. Öhlinger: "Das Paket besteht aus wechselseitigen Zugeständnissen, da kann man nicht Einzelnes herausnehmen".

"Ob ich mitstimme, wird sich erst zeigen"

Neben den Grünen will auch mancher Parlamentarier noch von der Sinnhaftigkeit der Gesamtschulquote überzeugt werden. Gelten doch Wien, Vorarlberg und Tirol als Treiber hinter diesem Schulmodell. Besonders groß ist der Unmut unter den Tiroler Roten. Gisela Wurm (SPÖ) ist sich sicher, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. "Wir sind der Gesetzgeber. Ich hoffe, dass die Westachse noch Änderungen bewirkt und die Prozentsätze für Modellregionen erhöht werden." Sie werde den parlamentarischen Prozess nun "ganz genau" verfolgen, "ob ich dann mitstimme, wird sich erst zeigen". Auch Parteikollege Max Unterrainer ist unzufrieden: "Aus Tiroler Sicht hätten wir gleich viel, wenn nicht weniger Möglichkeiten als zuvor."

Elmar Mayer, einziger Vorarlberger Mandatar der SPÖ, ist "gar nicht so pessimistisch". Er fragt: "Warum soll nicht die Möglichkeit geschaffen werden, dass ein Bundesland Modellregion wird? So viel Föderalismus müsste auch die ÖVP aufbringen." Lopatka schließt eine solche Sonderlösung aus und ist "zuversichtlich", dass das, was ins Parlament kommt, auch von den Vorarlbergern mitgetragen wird. Kommende Woche soll es erste Gespräche aller sechs Parteien geben – für Harald Walser "überfällig, bevor hier weiter Zement angerührt wird". (jub, mika, riss, 2.12.2015)