Wien – Der französische Tenor Roberto Alagna trägt nun also den Titel "Kammersänger", wobei das nicht unbedingt ein Zeichen dafür sein muss, bereits im Karriereherbst unterwegs zu sein. Sein Mitwirken bei Tosca war eher dazu angetan, noch einige sehr passable Jahre zu versprechen. Natürlich konnte Alagna seine Tosca eher nur mit vokalen Höhen beglücken; in tieferen Regionen seiner Stimme obwaltet eher rostig-unscheinbarer Charme.

Kommt es darauf an, ist Alagna jedoch immer von imposanter Intensität. Er verwertet als Cavaradossi zielsicher Spitzentöne, lässt die Sterne ein bisschen blitzen und gibt Anlass zu respektablem Szenenapplaus. An seiner (darstellerisch leider reichlich holzschnittartigen) Seite spielt sich wahre Schauspielkunst ab, soweit dies im Repertoirealltag eben möglich ist.

Martina Serafin wirkt vokal herb, aber sicher und intensiv, zudem gestaltet sie die tragische Figur differenziert, auch in jener Szene, da sie Scarpia das Messer in den Bauch rammt. Es ist das eigentliche Glanzduo des Abends: Michael Volle ist (als Scarpia) so glaubwürdig erpresserisch wie voll des Begehrens. Kultiviert klingt er auch noch. Zusammen mit Serafin ergibt dies große Momente ambivalenter Emotionen. Es blieb Puccini letztlich aber auch eine Art musikalische Materialschlacht, da Dirigent Dan Ettinger ziemlich dezibelstark aufdrehen ließ. Es gebrach an Balance zwischen Bühne und Orchester. Applaus für alle, nur Serafin konnte nicht vor den Vorhang treten. Es hieß, sie habe sich bei Toscas Todessprung von der Engelsburg verletzt. (tos, 3.12.2015)