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Das Christkind, fotografiert in Nürnberg.

Foto: EPA / DANIEL KARMANN

Liane erzählt, dass sie mit ihrer Mama in der Adventzeit immer Kekse bäckt und Sterne bastelt. Sie hat auch schon einen Brief ans Christkind geschrieben, ihn ins Fenster gelegt und am nächsten Morgen war er weg.

"Meine Oma und mein Opa werden zu uns kommen. Auch mein Onkel und meine Tante mit meiner Cousine Emma kommen", erzählt Evi stolz in der Klasse. "Wir haben immer einen großen Christbaum. Mit meinem kleinen Bruder und meinem Papa gehe ich dann das Christkind suchen. Wir spazieren herum, dann ruft die Mama an und sagt, dass es schon da war. Nie kann ich es sehen! Aber das macht nichts, denn ich weiß ja sowieso wie es aussieht." Auch Leon und Marie wissen ganz genau, wie das Christkind aussieht und zeichnen im Kindergarten eifrig ein Bild.

Christopher kommt aus Amerika und erzählt den anderen, dass zu ihm Santa Claus mit dem Schlitten und den Rentieren kommt. Er feiert Weihnachten erst am nächsten Tag in der Früh. Und für Marijo und Zoran ist Weihnachten erst am 6. Jänner. Ahmad singt mit den anderen in der Klasse Weihnachtslieder. Er wird kein Weihnachten feiern und Geschenke wird es an dem Abend für ihn auch nicht geben. "Das mit dem Weihnachtsbaum und den Geschenken haben wir nicht", sagt er.

Gibt es das Christkind?

In Emilias Klasse ist eine große Diskussion darüber ausgebrochen, ob es das Christkind wirklich gibt. Emilia ist sehr verunsichert. Einerseits ist es so schön, die Geschichten vom Christkind zu hören und daran zu glauben, andererseits stellt sie sich aber auch die Frage, wie das alles funktioniert: Wie kann das Christkind zu allen Kindern gleichzeitig kommen? Wie besorgt es die Geschenke? Wie transportiert es den großen Christbaum?

Irgendwann taucht bei allen Kindern die Frage auf, ob es das Christkind wirklich gibt. Wie sollen Eltern und Bezugspersonen dann reagieren, und wann ist der beste Zeitpunkt dafür, den Kindern zu erzählen, was es mit dem Christkind auf sich hat? Emilias Eltern beantworten diese Frage mit einer Gegenfrage. "Was glaubst denn du, gibt es das Christkind?" Mit dieser Frage lässt sich sehr schnell herausfinden, was das Kind glaubt, welche Ideen es hat und wo die Eltern bei ihrer Antwort ansetzen können.

Wie sieht es aus?

Jedes Kind hat seine ganz eigene Vorstellung davon, wie das Christkind aussieht. Es ist geheimnisvoll und bringt einen Zauber in diese Zeit. Wie jedes andere Märchen auch, regt es die Fantasie der Kinder an.

Aber nicht in allen Familien gibt es die Geschichte vom Christkind. Für Annika war immer klar, dass alle einander etwas schenken, weil sie sich gern haben und einander eine Freude machen wollen. Sie hat von Anfang an mitgeholfen, den Christbaum aufzuputzen. Für sie war es ganz komisch festzustellen, dass die anderen Kinder im Kindergarten und auch noch in der Schule an das Christkind glauben.

Wenn Kinder zu fragen beginnen, dann ist es wichtig, ihnen die Hintergründe dieser Tradition zu erklären: dass zu Weihnachten die Geburt Jesu gefeiert wird und dass es nicht wichtig ist, wer die Geschenke bringt, das Christkind, der Weihnachtsmann oder die Eltern. Es geht darum, dem anderen eine Freude zu machen.

1897 schrieb die kleine Virginia O'Hanlon der New Yorker Tageszeitung "Sun" einen Brief mit folgender Frage:

"Ich bin acht Jahre. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt kein Christkind (Anm. im englischen Original Weihnachtsmann). Papa sagt, was in der 'Sun' steht, ist wahr. Bitte sagen Sie mir: Gibt es ein Christkind?"

Chefredakteur Francis Pharcellus Church antwortete ihr auf der Titelseite seines Blattes:

"Virginia, deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie sind beeinflusst von der Skepsis eines skeptischen Zeitalters. Sie glauben nur, was sie sehen. Sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. [...] Ja, Virginia, es gibt ein Christkind. Es existiert so gewiss, wie die Liebe und Großzügigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Christkind gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie, keine Romantik – gar nichts, was das Leben erst erträglich macht. [...]

Es gibt ein Christkind! Sonst könntest du auch den Märchen nicht glauben! Gewiss, du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, das Christkind zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme es zu Gesicht – was würde das beweisen? Kein Mensch sieht es einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Hast du jemals die Elfen auf dem Rasen tanzen sehen? Natürlich nicht, trotzdem gibt es sie.

[...] die unsichtbare Welt ist von einem Schleier bedeckt, den nicht der stärkste Mann, noch nicht einmal die gemeinsame Stärke aller stärksten Männer aller Zeiten, auseinanderreißen könnte. Nur Glaube, Poesie und Liebe können ihn lüften. [...] Ist das alles wahr? Ach, Virginia, in der ganzen Welt ist nichts sonst wahrer und beständiger. Das Christkind lebt, und ewig wird es leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird es da sein, um das Herz der Kindheit zu erfreuen."

Ihre Erfahrungen?

Welche Traditionen gibt es in Ihrer Familie? Gibt es das Christkind? Was erzählen Sie beziehungsweise was haben Sie Ihren Kindern erzählt? Posten Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 18.12.2015)