Wien – Den "Vorabend" zu seinem Ring des Nibelungen hat Wagner das "Rheingold" genannt – und schon in den ersten Takten des Vorspiels lässt sich immer eine Vorahnung gewinnen, wie das Ganze wird, wenn das wellende, wallende Es-Dur allmählich in Bewegung gerät.

Mit dem Dirigenten Adam Fischer, der die Tetralogie in dieser Saison an der Staatsoper ein einziges Mal leitet, wurde die Ahnung gleich zur Gewissheit kostbaren Funkelns. Schon seine pragmatischen Qualitäten kann man kaum genug loben: So ist er für die Sänger und das Orchester gleichermaßen ein ideal mitatmender und reagierender Partner, der den Stimmen stets genügend Freiraum lässt und die Klangwucht aus dem Graben fast immer so zu drosseln versteht, dass auf der Bühne ein lebendiges Parlando möglich ist.

Bedachtsames Klangjonglieren

Fischer ist aber auch ein bedachtsamer Klangjongleur, der die fast vollkommene Pracht des Orchesters wunderbar austariert. Motiv für Motiv lässt sich verfolgen, fast durchwegs klingt die Partitur klar, doch intensiv, präsent, doch nur dort martialisch, wo es unmittelbar aus dem Geschehen hervorgeht – und nicht den ganzen Abend lang, wie bei anderen angeblich großen Wagner-Dirigenten.

Die Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf funktioniert nach wie vor und hat vor allem dank der Videozuspielungen von Friedrich Zorn Atmosphäre und geradezu filmische Wirkungen. Und auch stimmlich herrscht durchgängig verlässliche Qualität. Als Wotan zeigt Tomasz Konieczny menschliche Fragilität und lyrische Leidensfähigkeit, als Göttergattin Fricka, die eigentlich das Heft in der Hand hält, spielt sich Michaela Schuster geradezu komödiantisch in den Vordergrund, während die Freia von Caroline Wenborne als recht herbes Abbild der Jugend ein wenig gewöhnungsbedürftig bleibt.

Differenziertes Deklamieren

Ansonsten wurde der deklamatorische Tonfall, der dem Komponisten vorschwebte, zumeist mit großer Differenzierung realisiert: Auch die Riesen Fasolt (Ain Anger) und Fafner (Sorin Coliban) sind keine blindwütigen Polterer, sondern von nachvollziehbaren Bedürfnissen getriebene Gestalten, die beiden Nibelungen nicht nur komische: Mit wunderbar grotesk-näselnder Helle, dabei jedoch nicht eindimensional, zeigt Herwig Pecoraro einen schmerzgekrümmten Mime, mit praller Körperhaftigkeit und kerniger Sonorität zeichnet Jochen Schmeckenbecher einen Alberich, bei dem es genauso sehr menschelt. Wellen der Zustimmung antworteten dem Bühnenzauber. (Daniel Ender, 12.1.2016)