Am Theater fühlt sich Matthias Franz Stein unterfordert. Mit seinem Kabarettdebüt begibt er sich nun auf Höllenfahrt.

Foto: Eva Mayer

STANDARD: Worum soll es in Ihrem Programm "Jenseits" gehen?

Stein: Das Jenseits ist die epische Klammer im Stück. Dorthin verschlägt es mich, weil ich als Bösewicht in Tom Turbo – ein Kindheitstrauma – zu gut gestorben bin. In der Hölle werde ich vom Teufel als Moderator einer Castingshow engagiert. Es wird dann um jenseitige gesellschaftliche Zustände gehen, die einen im Kleinen, in der Familie, der Liebe und im Beruf, heimsuchen.

STANDARD: Es kommen auch Klaus Kinski, Marcel Reich-Ranicki und Peter Alexander vor. Was fasziniert Sie an diesen Figuren?

Stein: Sie sind in erster Linie tot, darum kommen sie vor. Als Jury der Castingshow. Sie lassen sich gut parodieren. Ich wollte ein Setting, wo ich viele verschiedene Figuren spielen kann.

STANDARD: Wie ist das Programm entstanden?

Stein: Ich habe viel geschrieben neben der Schauspielerei. Bin oft in der Kantine gesessen, weil ich – bis auf den Theodor in Liebelei - fast nur Nebenrollen hatte. Künstlerisch war dann der Drang da, mehr zu machen. Meistens waren das Drehbücher, wo es aber letztlich nie zur Verwirklichung gekommen ist. Nach dem Ende der ORF-Gebührenrefundierung wurden viele junge Projekte fallengelassen. Jetzt habe ich mir gedacht: Mach doch Kabarett! Für mich ist das die Königsdisziplin.

STANDARD: Was ist die Schwierigkeit beim Kabarett?

Stein: Du bist vollkommen nackt, weil du keine vierte Wand hast, sondern direkt mit dem Publikum interagierst.

STANDARD: Sie beginnen verhältnismäßig spät mit Kabarett. Warum erst jetzt?

Stein: Weil sich alles relativ gut gefügt hat. Ich bin von der Schauspielschule schnell beim Fernsehen gelandet, dann beim Theater – die Sachen sind immer eher zu mir gekommen als ich zu ihnen. Natürlich ist da auch einiges über meinen Papa gelaufen, weil er viele Leute kennt – das braucht man gar nicht verheimlichen. Jetzt fühle ich mich ein bisschen unterfordert. Die richtige Zeit, um es mit Kabarett zu versuchen. Mir gefällt, dass man dabei auch über sich selber lachen kann.

STANDARD: War Ihr Vater involviert?

Stein: Ich mache solche Sachen eigentlich gerne alleine. Daher bin ich damit nicht zu ihm gegangen.

STANDARD: Sehen Sie Ihren Vater als Vorbild, oder muss man sich als Sohn doch abgrenzen?

Stein: Nach außen hin hatte ich schon lange das Gefühl, mich abgrenzen zu müssen. Da hat es gestört, immer nur der Sohn vom Erwin zu sein. Aber mittlerweile ist es mir wurscht – er ist ein volles Vorbild, ja. Es ist auch ein kollegiales Verhältnis geworden.

STANDARD: Wäre es für Sie denkbar, mit ihm gemeinsam Kabarett zu machen?

Stein: Ja sicher. Wir haben das auch schon angedacht. Konkret ist allerdings noch nichts.

STANDARD: Ursprünglich wollten Sie Maler werden wie Ihr Großvater. Welche Beziehung hatten Sie zu ihm?

Stein: Eine liebevolle. Ich wollte Maler werden, nachdem ich seine hinterlassenen Skizzen entdeckt hatte. Das ist aber auch ein Beruf, wo man sich sehr abkapselt und alleine ist. Heute sage ich, gut, dass ich das nicht gemacht habe.

STANDARD: Wie haben Sie denn die Kabarettszene miterlebt?

Stein: Ich kenne die Szene von klein auf, weil ich mit dem Papa viel mitgefahren bin. Kabarett hat sich verändert über die Jahre, vieles geht mehr in Richtung Comedy. Geisteswissenschaften sind heute ein Luxus geworden, daher gibt es ein Bedürfnis nach leichter Unterhaltung. Ich glaube auch, dass Politik heute etwas ganz anderes bedeutet als früher.

STANDARD: Was denn?

Stein: Es gab immer politische Diskussionen in meiner Familie. Mein Großvater hat mit Leib und Seele an der SPÖ festgehalten, auch als die sich zu ändern begann. Mein Vater war da kritisch – das gab Konfliktstoff. Mich selbst hat das Parteipolitische aber nie besonders interessiert. Ich glaube, es gibt keine Politikverdrossenheit, sondern eine Politikerverdrossenheit. Wir können keinen Leuten vertrauen, die Marionetten der Wirtschaftskonzerne sind. Die Leute spüren auch, dass es bei der Parteipolitik nur noch um Machterhalt geht. Und ich sage Ihnen: Alle Eltern haben ein schlechtes Gewissen. Weil sie keine Zeit mehr haben. Weil Partnerschaft, Familie und Beruf kaum mehr zu vereinbaren sind. Mein Kabarett soll das aufzeigen. (Stefan Weiss, 1.2.2016)