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In Europa sind Online-Spiele nur wenig verbreitet.

Foto: dpa/Kneffel

Wien – Lernstoff mittels Quizfragen memorieren, Entscheidungsfindung in einer virtuellen Welt trainieren: Vor etwa 15 Jahren hat sich der Begriff Game-based Learning, also der Gebrauch von Spielen für die Wissensvermittlung, etabliert. Für das digitale Pendant gibt es mittlerweile den Terminus Digital Game-based Learning. Mit der Frage, welchen Nutzen spielerische Lernformen für den Unterricht an Hochschulen haben, beschäftigt sich Bradley Wiggins, Associate Professor und Department Head Media Communications an der Webster Vienna Private University. Wiggins sieht im Einsatz von Spielen und Simulation, egal ob analog oder digital, ein enormes Lern- und Motivationspotenzial gegenüber klassischen Unterrichtsmethoden.

Entscheidungen üben

Game-based Learning würde sich ausgezeichnet dazu eignen, "strategische und wirtschaftliche Entscheidungen zu üben." Mittels sogenannter "model UNs" könnten die Studentinnen und Studenten beispielsweise die gesamte Struktur der Uno inklusive Weltkrisen, simulieren. Komplexe Themen ließen sich mit solcherlei Simulationen wesentlich leichter erfahren und merken, sagt Wiggins. Der Grund dafür sei, dass das menschliche Gehirn Inhalte, die in Geschichten verpackt sind, wesentlich besser und detailgetreuer verarbeiten könne, als wenn Themen isoliert behandelt werden.

Außerdem würden derlei Spiele und Simulationen ein unmittelbares Feedback bieten, das zusätzlich motiviert, aber auch Versäumnisse und Verbesserungspotenzial umgehend aufzeigt – das nächste Level kann nur erreicht werden, wenn die Aufgaben des vorhergehenden erfolgreich absolviert wurden. "Aus dem echten Leben kennen wir diesen Lernprozess: Man muss erst ein paar Mal scheitern, bevor man erfolgreich ist", sagt Wiggins gegenüber dem STANDARD. "Sie schreiben zum Beispiel einen Artikel, fügen noch das eine hinzu, lassen das andere weg, beginnen möglicherweise nochmals ganz von vorn – bis er fertig ist. Eine Prüfung an der Hochschule läuft ganz anders ab: Dort bekommen Sie eine Note und das war's. Game-based Learning, ist der Wissenschafter überzeugt, sei eine Chance für Universitäten, Unterricht abseits dieser traditionellen "ernsten" Lehransätze anzubieten.

Inwieweit diese das auch schon tun, beforschte er kürzlich mittels einer Umfrage unter Universitäten im US-amerikanischen Bundesstaat Arkansas. Das Ergebnis: 83 Prozent wenden bereits Spiele an – herkömmliche Karten-, Brett- oder Simulationsspiele dürften dabei aber weit populärer sein als ihr Online-Pendant (56 versus 27 Prozent). Wiggins führt das einerseits auf schlechtere Verfügbarkeit zurück, andererseits auf geringere Akzeptanz: Die Lehrenden seien mit digitalen Games weniger vertraut, weshalb sie sie auch weniger gern anwenden.

In Europa wenig verbreitet

In Europa würden nur einige wenige "early innovators", frühe Innovatoren, auf Methoden des Game-based Learning zurückgreifen, meint der Wissenschafter. Noch seltener würden sie sich, analog zu den USA, Digital Games zunutze machen. Der vermutete Grund auch hier: Skepsis.

Aber warum besteht sie? Warum setzt man an Hochschulen nicht stärker auf das Erleben anstatt auf das Nachlesen in Büchern? Und wie könnten Games Seminare bereichern? "Alles wichtige Fragen", sagt Wiggins, die er in weiteren Forschungen hinreichend klären will. (Lisa Breit, 16.2.2016)