Wien – Eine Abschaffung der Ziffernnoten in den ersten Volksschuljahren ist in manchen Bundesländern bereits weitgehend Realität. Laut einer Anfragebeantwortung aus dem Vorjahr gab es in Wien und Oberösterreich im Volksschulbereich mehr Schulversuche zur alternativen Leistungsbeurteilung als Schulen. Einschränkung: Meist sind nicht – wie nun diskutiert – die ersten drei Klassen erfasst, sondern nur eine oder zwei.

In Oberösterreich waren laut der Beantwortung einer Anfrage durch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) 597 Versuche an 560 Volksschulen angemeldet, in Wien waren es 300 an 264 Volksschulen (an einem Standort kann es mehrere unterschiedliche Versuche geben, auch Versuche nur in einzelnen Klassen sind möglich, Anm.). Die Steiermark kam auf 387 Versuche (bei 476 Schulen), Vorarlberg auf 106 (bei 164 Schulen), Niederösterreich auf 227 (bei 627 Schulen), das Burgenland auf 53 (bei 178 Schulen) und Salzburg auf 68 (bei 183 Schulen). Am seltensten alternativ beurteilt wurde in Kärnten (16 Versuche an 236 Schulen) und Tirol (72 Versuche an 378 Schulen).

Opt-Out wäre weiter möglich

Voraussetzung für einen Schulversuch ist die Ausarbeitung eines Schulversuchsplans, die Genehmigung des Landesschulrats sowie die Zustimmung von mindestens zwei Drittel der betroffenen Eltern und Lehrer. Außerdem muss sichergestellt sein, dass "auf Verlangen der Erziehungsberechtigten die Beurteilung im Jahreszeugnis jedenfalls durch Noten zu erfolgen hat".

Laut den Plänen des Bildungsministeriums soll es künftig automatisch (also ohne Zustimmung von Lehrern und Eltern) in den ersten drei Klassen statt Ziffernnoten verbale Beurteilungen geben. Ein Hinausoptieren von Erziehungsberechtigten würde aber weiter möglich bleiben.

Anleihe aus der Montessori-Pädagogik

Die derzeitigen Schulversuche zur alternativen Leistungsbeurteilung setzen nicht nur auf verbale Beurteilung. Daneben sind auch Lernzielkataloge (Pensenbücher), die Beurteilung direkter Leistungsvorlagen oder Lernfortschrittsdokumentationen verbreitet. Sie werden aber im Regelfall durch verbale Beurteilungen ergänzt.

Bei der verbalen Beurteilung werden meist in einem möglichst kindgerecht gehaltenen persönlichen Brief die Lernfortschritte des Kindes beschrieben. Lernzielkataloge stammen aus der Montessori-Pädagogik und setzen vor allem auf Selbstevaluierung. Dabei wird das Erreichen von Lernzielen in einem "Pensenbuch" festgehalten. Bei der direkten Leistungsvorlage werden meist Portfolios (Sammelmappen) mit den bisherigen Leistungen der Schüler angelegt. Ähnlich funktioniert auch die Lernfortschrittsdokumentation. Diese gesammelten Leistungen werden dann möglichst häufig, mindestens aber zu Semesterende mit den Eltern bzw. Kindern besprochen. Oft werden aber auch Mischformen dieser Beurteilungsmethoden verwendet. (19.2.2016)