Hohes Einkommen konterkariert den eigenen Anspruch als moralische Instanz: SPÖ-Rebell Andreas Babler.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Es ist ein Fall, wie er schon Karrieren zerstört hat: Ein Politiker stilisiert sich zum Anwalt der kleinen Leute, führt die soziale Gerechtigkeit im Mund, argumentiert mit moralischem Anspruch – und macht dann mit einem Einkommen Schlagzeilen, das all die hehren Bekenntnisse zweifelhaft erscheinen lässt. Widerfahren ist dies Andreas Babler, dem streitbaren Bürgermeister von Traiskirchen. Der SPÖ-Politiker bezog bislang nicht nur Geld für seinen Job als Stadtchef, sondern zusätzlich auch ein Gehalt als Angestellter der eigenen Gemeinde. Machte zuletzt insgesamt 11.300 Euro brutto im Monat.

Für Babler steht dabei allerdings nicht nur der eigene Ruf auf dem Spiel. Der 43-jährige Niederösterreicher ist Wortführer der Initiative Kompass, die sich einen "Richtungswechsel" in der SPÖ zum Ziel gesetzt hat, und als solcher der vielleicht schärfste Kritiker von Parteichef und Kanzler Werner Faymann, der sich nicht in der Anonymität versteckt. Wie haben die anderen Aktivisten die Kalamitäten ihres Frontmannes aufgenommen?

Kompass schwer zu finden

Es war für den STANDARD am Dienstag nicht leicht, Mitstreiter Bablers zu erreichen. Erfolgreich waren die Versuche letztlich bei Fiona Kaiser, Landeschefin der Sozialistischen Jugend in Oberösterreich und ebendort Sprecherin von Kompass. Sie sagt zum umstrittenen Doppeleinkommen: "Ich finde so hohe Bezüge absurd, weil sie nicht mehr im Verhältnis dazu stehen, was ein normaler Arbeitnehmer verdient."

Dass Traiskirchens Bürgermeister einkommensmäßig in ebensolche Dimensionen vorgestoßen ist, will ihm Kaiser trotzdem nicht als Verfehlung anlasten. Erstens wolle sie erst einmal persönlich mit Babler reden, zweitens habe dieser ja selbst klargestellt, dass er den Zweifachverdienst für moralisch nicht gerechtfertigt halte. "Ich will ihm keine eigennützigen Motive unterstellen", sagt Kaiser und verweist auf das STANDARD-Interview mit Babler vom Wochenende: "Ich halte seine Erklärungen für plausibel."

Zwang zu zwei Jobs

Er sei quasi genötigt worden, eine Zeitlang beide Jobs auszuüben, argumentierte Babler: Wegen fehlenden Personals habe er neben dem Bürgermeisterjob, den er im Mai 2014 antrat, auch das Amt in der Öffentlichkeitsarbeit und Stabsstelle der Gemeinde wahrnehmen müssen. Er habe immer daran gearbeitet, die zweite Tätigkeit aufgeben zu können, nur habe der nötige Umbau in der Stadtverwaltung lange gedauert.

Nicht allen in der Partei leuchtet diese Erklärung ein. "Zutiefst enttäuscht" von Babler zeigt sich die Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, die ebenfalls als Parteirebellin gilt, via Facebook-Posting. In der vielkritisierten SP-Zentrale mischt sich in die Gefühlslage hingegen wohl einiges an Genugtuung, offizielle Stellungnahme gab es aber keine.

Möglichkeit der Karenz

Bürgermeister wie Babler, deren Amt wegen der Größe der Gemeinde ein Fulltimejob sei, könnten sich in ihrer angestammten Tätigkeit im öffentlichen Dienst karenzieren lassen, sagt Gemeindebund-Sprecher Daniel Kosak. Generell sollten Ortschefs aber keinesfalls genötigt werden, ihren Beruf aufzugeben. Man wolle keine reinen Berufspolitiker, außerdem gelte es, an die existenzielle Absicherung nach einer etwaigen Abwahl zu denken: "80 Prozent der Bürgermeister haben einen Zivilberuf, das ist auch gut so." (Gerald John, Marie-Theres Egyed, 29.3.2016)