Einiges Neues im Unterricht verspricht die Schulreform: Sitzenbleiben soll in den ersten drei Klassen Volksschule passé sein – leistungsschwache Kinder können aber unter dem Jahr rückgestuft werden.

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Wien – Viele Abstimmungsrunden waren nötig, bis der erste Teil des Schulrechtspaketes so festgezurrt werden konnte, wie er seit Mittwochabend versandfertig vorliegt.

Bis Anfang Mai dürfen weitere 93 Stellen mitreden und im Zuge des Begutachtungsverfahrens ihre Anregungen für die Bildungsreform einbringen. Jedenfalls in einem bislang heftig umstrittenen Punkt hat es die Regierung geschafft, möglichst viele Interessen unter einen Hut zu bringen: bei der Besetzung des Chefsessels in den Landesschulräten.

"Verletzendes" System

Dass die Kompetenzenfrage wieder nicht klar – und zwar zugunsten des Bundes – entschieden sei, hält die Bildungsexpertin Christa Koenne für symptomatisch: "Rührend" sei es, wie aus dem Entwurf gleichzeitig gute Absicht, aber auch Hilflosigkeit herauszulesen sei. Koenne sieht zwar manche Fortschritte, doch letztlich bleibe die Regierung nicht einmal auf halbem Weg stehen – etwa auch in der Frage des Sitzenbleibens. Dieses für die Kinder "verletzende" System gehöre ja nicht nur, wie nun geplant, in den drei ersten Volksschulklassen, sondern auch in der Mittelschule beseitigt. Um entscheidende Fragen von der Ganztagsschule bis zu den Bildungszielen drücke sich die Regierung herum.

Heide Lex-Nalis, Vertreterin der Elementarpädagoginnen von der Plattform Educare, ist vom Entwurf gar "entsetzt" – vor allem von jenen Passagen, die die Datenweitergabe vom Kindergarten in die Volksschule betreffen. Es sei nicht allein damit getan, bei der Schulanmeldung Unterlagen über Entwicklung und Sprachstand weiterzureichen: Um eine durchgängige Förderung leisten zu können, brauche es gemeinsame Weiterbildungsmaßnahmen von Volksschul- und Elementarpädagogen, die Dokumentation gehöre vereinheitlicht. Überdies seien begleitende Gespräche und längere Beobachtungszeiten vor dem Wechsel in die erste Klasse notwendig.

Klein, aber richtig

"Da, wo es teuer käme, passiert nichts", urteilt der grüne Bildungssprecher Harald Walser im Gespräch mit dem STANDARD, sieht aber "kleine Schritte in die richtige Richtung": Wenn der Gesetzesentwurf so bleibt, würden die Grünen dem Schulrechtspaket zustimmen.

Im Bildungsministerium geht man davon aus, dass das erste Paket kostenneutral ist. Die Rechnung, die dafür angestellt wird, kann aber auch der Koalitionspartner nicht ganz nachvollziehen: Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kalkuliert nämlich, dass durch den Wegfall des klassischen Sitzenbleibens in den ersten drei Volksschuljahren ab 2019/20 genau um jene 1329 Kinder weniger in die Schule gehen, die etwa im Schuljahr 2014/ 15 eine Klasse wiederholen mussten – weshalb sich "der Bedarf an Lehrpersonalressourcen" verringere. Konkret will man so 106 Planstellen einsparen.

Fünf weitere Schulrechtspakete sollen dem ersten folgen, im Familienministerium will man sich in Kürze an die Erarbeitung des Bildungskompasses machen. (Gerald John, Karin Riss, 7.4.2016)