Im Streit um das Kopftuchtragen geht es in Europa meist um das Thema Toleranz oder Akzeptanz gegenüber der umfehdeten islamischen Kopfbedeckung. Ist es okay, wird dann gefragt, dass Muslimas als Verkäuferinnen, Lehrerinnen an öffentlichen Schulen oder Krankenschwestern das Kopftuch aufsetzen?

Für die Antworten werden, neben dem jeweiligen nationalen Grad der Säkularisierung, die europäischen Grundrechte herangezogen. Kein menschenrechtsbewusster Richter wird einer muslimischen Verkäuferin das Kopftuch verbieten (derlei "Pläne" bleiben rechtslastigen Stammtischen und/oder rechtsextremen Politikern vorbehalten). Anders ist es beim Kopftuchtragen im Staatsdienst: In Frankreich ist es untersagt – und der Europäischen Menschenrechtsgerichtshof hat dieses Verbot im November 2015 bestätigt.

Insofern ist es wohl kein Zufall, dass der Streit um Verhüllungsvorschriften für Pilotinnen und Flugbegleiterinnen im Iran bei der Air France losgebrochen ist: In Frankreich wurde bisher wie in keinem anderen europäischen Land um das Limit zwischen Zulassen und Abwehren der religiös begründeten Frauenverhüllung gerungen. Und die in dem Konflikt erzielte Klarstellung ist über Frankreich hinaus wichtig: Auf Betreiben einer Firma oder anderen europäischen Stelle darf keine Frau unters Kopftuch gezwungen werden – eine notwendige Abgrenzung. (Irene Brickner, 7.4.2016)