Eddie Izzard, der britische Superstar der internationalen Comedy-Szene ("Death Star Canteen"), präsentierte im Wiener Gartenbaukino sein Programm "Force majeure" erstmals auf Deutsch.

Foto: Idil Sukan

Eddie Izzards Ankündigung, nach Wien zu kommen.

Stand Up, Vienna!

Wien – Wenn etwas zu Ende geht, ist das der ideale Zeitpunkt, um Rückschau zu halten. Nehmen wir zum Beispiel die Menschheit. Blöd gelaufen. Das Universum dehnt sich aus. Irgendwann zerreißt es uns. Unser eigenes Verlangen, unsere Wut sind ohnehin schon jetzt in ständigem Alarmzustand. Der Selbstdurchsetzungswunsch tritt in den Wettstreit mit den galaktischen Fliehkräften.

Es ist wie der Showdown zwischen Gott und Darth Vader. Die treffen auf dem Todesstern in der Schlange in der Selbstbedienungskantine aufeinander und streiten sich um die letzte Portion Spaghetti bolognese. Superkräfte, mentale Todesstrahlen, Kämpfe mit Lichtschwert und Serviertablett. Dazwischen merkwürdige Geräusche von Darth Vader, "Vader, was haben du gemackt, lange nicht gesehen?" "Ch-pfff. Ch-pfff. Ick haben tauchen gelernt."

Gott sei Dank (ja, wem eigentlich?) geht Kantinenwirt Mr. Stevens gerade noch rechtzeitig vor der Apokalypse dazwischen und legt den beiden mit Frustrationen nur sehr schlecht umgehen könnenden Herrschaften begütigend nahe, sich die Bolognese doch im Sinne einer großkoalitionären Vernunftballung zu teilen und dem noch einen Caesar-Salad draufzusetzen. Dieser Salat, in dem lustigerweise kleine Brotstückchen herumkugeln und in den irgendein Perverser auch noch Anchovis schneidet, ist im Übrigen alles, was von Julius Caesar historisch gesehen geblieben ist. So viel zur Erringung der Weltherrschaft. Von Napoleon gibt es wenigstens Weinbrand.

Zwei Jahren nach sein erstem phänomenal Gastspielen in Gartenbaukino von Vienna ist british Superstar Eddie Izzard gekehrt zuruck. Und er spielen nun erstes Mal auf Doitsch sein weltweit sssu Reckt gefeiert Programm Force majeure (sein Worte von Fronkreisch für "höheres Gewalt").

Während einer gnadenlos geradebrechten Stunde manövriert sich der Mann mit nur zwei Jahren Schuldeutsch auf dem Buckel durch die Weltgeschichte.

Königspudel auf dem Kopf

Wir erleben diverse Hundemassaker in Zusammenhang mit der Vita des britischen Königs Karl I. Neben Massenmord am eigenen Volk machte er im 17. Jahrhundert auch die Königspudelperücke hoffähig – was einem deklarierten Transvestiten wie Eddie Izzard natürlich entgegenkommt. In Stöckelschuhen und mit weit ausholenden Dramaqueen-Gesten wird das Publikum dann irgendwie zur Geschichte des guten alten Menschenopfers geführt. Mit dem konnte man in der Vergangenheit unter anderem schon besseres Wetter oder reichere Ernten bewirken oder das Wasser in den Füßen und Warzen wegmachen.

Für solche in der Wissenschaft nicht ganz unumstrittene Rituale sollte man allerdings die dafür vorgesehenen Jungfrauen dringend vor rettendem Geschlechtsverkehr bewahren. Bezettwe sie von Panikorgien vor dem Opferaltar abhalten. "Hört auf ssu ficken!" Leichter gesagt als getan.

Irgendwie gelangen wir dann an der Hand des genüsslich um die richtigen Worte ringenden Schmähtandlergottes Eddie Izzard über den griechischen Olymp zu den dazugehörigen Spielen in London 2012. Dort erleben wir hinreißende zehn Minuten Herabwürdigung des Dressurreitsports: "Das ist unsäugetierisch!" Einzige Chance für eine höhere Einschaltquote: Aufsexen. Der Reiter und das Pferd haben drei Minuten Zeit, um in ein Haus einzubrechen, sie müssen dort verschiedene Aufgaben lösen, etwa rückwärts einparken im Kleiderschrank – und das Pferd muss den Haussafe knacken und den Schmuck stehlen. Izzard zappelt dazu den Philipp.

Wenn Mr. Stevens die Welt nicht mit dem Teilen einer Portion Spaghetti retten kann, sieht es ziemlich düster für uns alle aus. Am Ende philosophiert Izzard über die verwandten deutschen Begriffe Höhle und Hölle. Das ist lustig, das ist schön, das ist das Zugrundegehn. (Christian Schachinger, 11.5.2016)