Wien – Der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Anton Zeilinger, erwartet vom neuen Bundespräsidenten "kräftige Unterstützung" für die Wissenschaft. Diese sei in einer "kritischen Situation". "Es kann so nicht weitergehen, dass der Wissenschaftsfonds FWF nicht mehr Mittel bekommt", sagte Zeilinger der APA anlässlich der traditionellen jährlichen Feierlichen ÖAW-Sitzung am Freitag.

Der Bundespräsident ist oberster Schirmherr der Akademie der Wissenschaften, insofern verfolgt man auch an dort mit Interesse die Wahl am Sonntag. Zeilinger will nicht zu den beiden Kandidaten Stellung nehmen. Allgemein sei es aber "für uns ganz wichtig, dass der Bundespräsident Verständnis dafür hat, dass Wissenschaft international ist". Vom neuen Amtsinhaber erwarte er sich daher, "dass er uns hier ganz stark unterstützt, besonders bei europäischen Projekten". Ebensolche Unterstützung erwartet sich Zeilinger für die finanzielle Ausstattung des seit Jahren mit Budgetproblemen kämpfenden FWF. Die "Junge Kurie" der ÖAW hat erst kürzlich angesichts der "Geldnot" des FWF vor einer "ernstzunehmenden Gefährdung des Forschungsstandorts Österreich" gewarnt. "Ich erwarte mir von der Politik, dass das ernst genommen wird", sagte Zeilinger speziell unter Verweis auf den wissenschaftlichen Nachwuchs, dem man reelle Chancen bieten müsse, seine Ideen umzusetzen.

Unverständnis

Er verstehe durchaus, dass man im Finanzrahmengesetz die Sicherheitsausgaben kräftig erhöht habe, "ich verstehe aber nicht, dass man nicht gleichzeitig die Ausgaben für Wissenschaft kräftig erhöht hat". Damit komme man so weit, "dass wir uns gut sichern können, aber nicht mehr wissen, was wir sichern sollen", so Zeilinger, der eine abnehmende Geduld in der Scientific Community ortet. Nach Jahren der – auch in der Öffentlichkeit geführten – Diskussion um die ÖAW-Reform habe man diese nun "sehr kollegial abgeschlossen", sagte Zeilinger. Die Akademie hat sich eine neue Satzung und eine neue Geschäftsordnung gegeben. Damit werde die geplante Trennung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgerorganisation "weitgehend umgesetzt".

Die Klammer zwischen diesen beiden Bereichen bildet der Präsident, die beiden Akademie-Klassen (als Gelehrtengesellschaft teilt sich die ÖAW in eine philosophisch-historische und eine mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, Anm.) seien insbesondere für die wissenschaftlichen Aktivitäten der Mitglieder, aber nicht mehr für die Administration der ÖAW-Institute zuständig. Eine weitere notwendige Brücke zwischen den Bereichen bilde noch der Akademierat, in dem aber künftig keine Personen mehr sitzen dürfen, die an einem ÖAW-Institut beschäftigt sind. Mitglieder des Akademierats sind zwölf ÖAW-Mitglieder sowie vier externe Experten, die in ihren Entscheidungen aber nicht der Gelehrtengesellschaft verantwortlich seien. "Mehr kann man die beiden Bereiche nicht separieren, das wäre nicht sinnvoll", sagte Zeilinger.

Gescheiterter Vorschlag

Mit dem Vorschlag, künftig nur mehr eine Mitgliederkategorie in der Akademie zu haben (derzeit gibt es "wirkliche" und "korrespondierende" Mitglieder), ist das Präsidium gescheitert. "Wir haben dafür die Mehrheit der ÖAW-Mitglieder gefunden, aber nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Das nehme ich demokratisch zur Kenntnis", sagte Zeilinger. Weitere Änderungen betreffen die "Junge Kurie" der ÖAW, die künftig "Junge Akademie" heißen wird, die Umsetzung des Public Corporate Governance Kodex, der eine weitgehende Entflechtung zwischen persönlichen Interessen und Entscheidungsstrukturen erfordert, sowie stärke Kontrollrechte des Finanzchefs. "Das ist abgehakt, jetzt können wir uns noch stärker den aus meiner Sicht wichtigen Aufgaben zuwenden", sagte Zeilinger.

Dazu zählt die weitere Internationalisierung der Akademie, auf die der ÖAW-Chef seit seinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren setzt, zuletzt etwa durch ein neues Kooperationsabkommen mit Kuba. Von Beginn an hat Zeilinger auch das Ziel verfolgt, dass sich die Akademie verstärkt aktuellen Themen widmet und sich gegenüber der Politik öffnet. Zwei in diesem Sinn begonnene ÖAW-Studien sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Eine wird sich dem Thema "Digitaler Stillstand" widmen, die andere dem Thema "Mobilität". (APA, 19.5.2016)