Spitzengeschwindigkeiten von 250 km/h, 17 Jahre Bauzeit, elf Milliarden Euro für das Kernstück: Der Schweizer Gotthard-Basistunnel ist in der Tat ein Leuchtturmprojekt. Für den Personenverkehr ist die Verkürzung der Fahrzeit ein gewaltiger Fortschritt. Die Vision, dass noch mehr Menschen von der Straße auf die Schiene zu bewegen sind, könnte in der Schweiz durchaus eingelöst werden. Doch ein Vorbild für Österreich ist er deswegen leider ganz gewiss nicht.

Denn dass die Schweizer auch ihre Güter von der Straße auf die Schiene bringen, verdanken sie einer rigiden Verkehrspolitik. Straßen werden bei Bedarf für den ausländischen Lkw-Verkehr gesperrt. Österreich hat diese Möglichkeit als EU-Mitglied nicht. Für die heimischen Tunnelprojekte Brenner und Koralm gilt deswegen, was schon bisher galt: Der zukünftige Nutzen ist bei Letzterem noch weniger erwiesen als bei Ersterem.

Der Brennerbasistunnel – immer als Ergänzung zum Gotthard-Tunnel gedacht – soll in zehn Jahren fertig sein. Bei den Vor- und Zulaufstrecken sind die Deutschen und die Italiener im Verzug. Die sind aber notwendig, um vor allem im Güterverkehr Wirkung zu erzielen.

Zugegeben: Auch die Schweizer müssen erst zeigen, dass sie mit dem Tunnel die Straßen leerer und die Züge voller machen können. Was sie schon bewiesen haben: Sie bringen ihre Visionen auch auf den Boden. Die Bahn fährt. (Regina Bruckner, 1.6.2016)