Wer bislang glaubte, im Innenministerium würde, parallel zu den Ankündigungen der Regierungsspitze, ein frischer Wind wehen, wurde spätestens am Donnerstag eines Schlechteren belehrt. Mit Vehemenz und pessimistischer Darstellung der aktuellen Flüchtlingssituation in Österreich ließ Minister Wolfgang Sobotka (ÖVP) keinen Zweifel daran aufkommen, dass es seines Erachtens einer Asyl-Notverordnung bedürfe, wie sie laut dem jetzt geltenden Asylgesetz möglich ist.

Und zwar möglichst rasch, mit dem "Ziel, dass die Flüchtlingsobergrenze nicht erreicht wird": also sozusagen präventiv. Denn derzeit kann von besonderem Flüchtlingsdruck auf Österreich nicht die Rede sein. Die Sperre der Balkanroute ist aufrecht, die Zahl in Österreich Grundversorgter ist von über 89.000 zu Jahresanfang auf derzeit 85.500 zurückgegangen.

Auch kündigte Sobotka an, dafür sorgen zu wollen, dass künftig laut der EU-weit geltenden Dublin-Verordnung wieder Rückschiebungen aus Österreich nach Ungarn und nach Griechenland stattfinden. Also in jene EU-Staaten, in die laut Höchstgerichten niemand zurückgeschickt werden soll. Darstellung eines angeblichen Notstands, Bereitschaft, menschenrechtsbedingte Entscheide außer Kraft setzen zu lassen: Das ist Wasser auf die Mühlen der FPÖ, die das Land asylbedingt vor dem Kollaps sieht und mit Grundrechten prinzipiell auf dem Kriegsfuß steht. (Irene Brickner, 2.6.2016)