Wien – Ein blauer Adler, umgeben von gelben Sternen, prangt auf dem Plakat, vor dem acht Politiker aus sieben Ländern Platz nehmen. "Patriotischer Frühling. Für Frieden, Sicherheit und Wohlstand in Europa", steht in großen Lettern darauf. Die rechte Allianz "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) im EU-Parlament will ein Jahr nach ihrer Gründung Einigkeit demonstrieren. Vertreter von vier rechtspopulistischen Parteien und zwei unabhängige EU-Abgeordnete sind auf Einladung von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem EU-Abgeordneten Harald Vilimsky nach Wien gekommen.

Dieser Ausschnitt aus der neunminütigen Rede von FN-Chefin Marine Le Pen dokumentiert das negativ konotierte Vokabular, das die Rechtspopulistin verwendet, um die EU und die politische Situation in Europa zu beschreiben.
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Nach dem Motto "Patrioten aller Länder, vereinigt euch" habe man sich im EU-Parlament zusammengetan, und "es funktioniert sehr gut", sagt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Marine Le Pen, Vorsitzende des französischen Front National und der ENF, sieht sich und ihre Mitstreiter im Aufwind. Indikatoren dafür seien die 49,7 Prozent für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich, die Abstimmung über einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und die Stimmenzuwächse für ihre eigene Partei.

Kleinste Fraktion im EU-Parlament

Die ENF ist mit 38 Mitgliedern die kleinste Fraktion im EU-Parlament. Nach einigen Gründungsschwierigkeiten konnte die Allianz im Juni 2015 fixiert werden. Der Front National unter Marine Le Pen stellt die meisten Mitglieder. Neben der FPÖ sind auch die Lega Nord aus Italien, der belgische Vlaams Belang und Marcus Pretzell von der Alternative für Deutschland (AfD) Teil der Fraktion. Ebenfalls vertreten ist die niederländische Partei für die Freiheit, die am Freitag allerdings – genauso wie die polnischen Rechten – keinen Vertreter zur Pressekonferenz nach Wien schickte.

Großer Andrang bei der Pressekonferenz.
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Als unabhängiger Abgeordneter ist der Rumäne Laurențiu Rebega im Juli beigetreten. In seiner Heimat machte der EU-Abgeordnete wegen Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde gegen ihn Schlagzeilen. Teilnehmer an der Pressekonferenz ist auch Tomio Okamura, Chef der Partei Freiheit und Direkte Demokratie im tschechischen Parlament. Okamura, der japanische Wurzeln hat, hat die Tschechen aufgefordert, zur Demütigung von Muslimen Schweine vor die Moscheen treiben und Schlachtabfälle an Bauplätzen künftiger Moscheen zu vergraben.

Le Pen beim Treffen mit FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer.
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Ebenfalls zu Gast in Wien und Mitglied der ENF ist Janice Atkinson. Sie trat der Fraktion bei, nachdem sie wegen eines Spesenskandals aus der britischen Ukip ausgeschlossen worden war. Atkinson setzt sich für einen Austritt Großbritanniens aus der EU ein.

Strache sieht Selbstmord der EU

Unterstützung dafür bekommt sie am Freitag von Le Pen und Strache. "Ich möchte, dass alle Länder gefragt werden in Bezug auf ihre Beziehung zur Europäischen Union", sagt Le Pen. Sie sei überzeugt davon, dass auch in Frankreich die EU-Gegner in der Mehrheit seien. "Wir sind angetreten, um die EU von innen zu reformieren", sagt Strache. Derzeit betreibe die Union "Selbstzerstörung", da sie die Völker nicht einbinde. "Das, was an Politik gelebt wird, grenzt an Suizid. Man soll bei einem Selbstmord nicht zusehen, dann macht man sich mitschuldig."

Strache überreicht Le Pen ein Geschenk.
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EU-Abgeordneter Marcus Pretzell, Lebensgefährte von AfD-Chefin Frauke Petry, ist überzeugt, dass ein britischer EU-Austritt zeigen würde, dass "Großbritannien weiter prosperieren wird". Es werde nicht wie von den Austrittsgegner behauptet zu Massenarbeitslosigkeit kommen.

An einer Kundgebung von Gegnern der rechtspopulistischen Parteien vor dem Parlament in Wien nahmen Augenzeugenberichten zufolge am Freitag rund 30 Menschen teil.

Am Abend wird die ENF ihr einjähriges Jubiläum als Fraktion im EU-Parlament mit einer Veranstaltung in der Pyramide in Vösendorf feiern. Geplant sind Reden des freiheitlichen EU-Abgeordneten Harald Vilimsky, von Strache und Le Pen. (Lisa Kogelnik, 17.6.2016)