Meinhard Lukas bei seiner Inauguration im vorigen Jahr: Inzwischen hat er Reformvorstellungen entwickelt, für die er Vertrauen braucht.

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Der Jurist Meinhard Lukas ist seit Oktober 2015 Rektor der Johannes-Kepler-Universität Linz. Inzwischen hat der 46-Jährige Reformvorstellungen entwickelt, für die er Vertrauen braucht.

STANDARD: Ihre Reformvorhaben sorgen für Widerstand, kommende Woche stellen Sie im Senat die Vertrauensfrage. Warum?

Lukas: Ich bin seit Oktober 2015 im Amt und habe jetzt einen Gesamtüberblick. Jetzt geht es um die großen Brocken, die vor uns stehen. Es gibt tatsächlich unterschiedliche Meinungen über den Kurs. Ich war selbst Senatsvorsitzender und weiß, dass der Senat der Seismograf der Stimmung einer Uni ist. Diese Reformen muss man gemeinsam mit den Uni-Angehörigen angehen, gegen sie macht es keinen Sinn. Deshalb ist das ein logischer Schritt.

STANDARD: Sie haben von großen Brocken gesprochen, die bewältigt werden müssen. Woran scheiden sich die Geister?

Lukas: Wir müssen einerseits endlich die universitätsinternen Zielvereinbarungen umsetzen. Zum anderen gibt es den bundesweiten Entwicklungsprozess für Hochschulen, der darauf drängt, sich stärker zu fokussieren. Was mir wichtig ist, sind die Lehrindikatoren. Die Prüfungsaktivität unserer Studierenden könnte höher sein und auch die Absolventenquote.

STANDARD: Wie wollen Sie das verbessern?

Lukas: Ich bin überzeugt, dass man die Studienpläne rigoros auf ihre Studierbarkeit abtesten muss. Man muss von dem System wegkommen, dass jeder Fachvertreter möglichst viel von seinem Fach im Studienplan verwirklicht wissen will. Das Alleinstellungsmerkmal von Universitäten ist nicht die Fülle des Stoffes, sondern wie Stoff aufgenommen wird.

STANDARD: Sie wollen entscheiden, was unterrichtet wird?

Lukas: Gar nicht, da brauche ich eben den Senat und die Studienprogrammleitungen. Das Rektorat hat nur ein Vorschlagsrecht. Letztlich wird aber das Rektorat für die Lehrindikatoren verantwortlich gemacht. Man muss bedenken, dass bei der Budgetierung der Universität diese Indikatoren an Bedeutung gewinnen.

STANDARD: Sie wollen für die Institute Anreize schaffen. Sollen die auch budgetärer Natur sein?

Lukas: Wenn die Budgetierung der Universität von Leistungsindikatoren abhängt, dann werden wir das in der universitätsinternen Budgetierung nicht völlig ignorieren können.

STANDARD: Das heißt, dass jene Institute mehr Geld bekommen, die mehr Absolventen hervorbringen?

Lukas: Nicht in dieser Banalität. Aber ja, neben der Qualität in der Lehre werden auch diese Indikatoren in eine Beurteilung einfließen und schlussendlich bei der Ausstattung mit Personal eine Rolle spielen.

STANDARD: Überlegen Sie, einzelne Fächer zu streichen?

Lukas: Es geht um Schwerpunkte in Fächern, die in der Zwischenzeit sehr breit geworden sind. Mein Ziel ist nicht, gegen jemanden zu arbeiten und das monokratisch zu diktieren. Das Ziel ist, dass wir uns im Senat einig sind, dann müssen wir mit den Betroffenen in den Dialog treten. Der Senat kann die gegenteilige Position einnehmen und sagen: Wir möchten diese Breite beibehalten.

STANDARD: Ist das nicht eine Friss-Vogel-oder-stirb-Strategie, wenn Sie dem Senat sagen, er soll das mittragen oder Sie treten zurück?

Lukas: Das ist es überhaupt nicht. Es muss gelegentlich programmatische Richtungsentscheidungen an einer Universität geben. Es ist legitim, wenn der Senat sagt, er sieht das anders. Aber dann ist man selbst am falschen Platz.

STANDARD: Es ist also falsch, wenn es heißt, dass Sie sich da als Alphatier durchsetzen wollen?

Lukas: Ich habe als Rektor einen Führungsanspruch, den kann ich aber nur gemeinsam mit den Kollegen umsetzen. Reine Alphatiere würden von ihren Kompetenzen Gebrauch machen, die sie als Rektor haben. Das halte ich an einer Universität als demokratische Institution nicht für sinnvoll.

STANDARD: Studierendenvertreter machen sich Sorgen um die Abteilung für Politik und Entwicklungsforschung, die angeblich geschlossen werden soll. Was ist geplant?

Lukas: Es ist mir ein Anliegen, die Soziologie zu stärken, in dem wir an die große Tradition der Industriesoziologie anschließen. Ich bin überzeugt davon, dass wir dazu prädestiniert sind, Technikfolgen zu beforschen. Es sollte zwischen den Fachbereichen eine stärkere Interaktion geben, ich habe Schwierigkeiten damit, zu viele Bereiche zu haben, die nur isoliert arbeiten. Das können wir uns nicht leisten.

STANDARD: Dorothea Greiling, Vizerektorin für Personal und IT, hat ihr Amt zurückgelegt. Als Grund wurde zu wenig Zeit für den Posten angegeben. Am selben Tag haben Sie angekündigt, die Vertrauensfrage im Senat zu stellen. Das eine hat tatsächlich nichts mit dem anderen zu tun?

Lukas: Sie hat plausibel gemacht, dass der Workload, den auch der Reformprozess bei der Personalentwicklung braucht, mit den Ressourcen, die sie hat, nicht zu schaffen ist. Ich stelle aber nicht wegen des Rücktritts von Frau Greiling die Vertrauensfrage, das macht keinen Sinn. (Lisa Kogelnik, 28.6.2016)