Wien – Nicht auf den bundesweit einheitlichen Bildungskompass warten will das Land Oberösterreich: Schon mit Beginn des neuen Kindergartenjahres, also ein Jahr früher als Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP), startet das Land einen Pilotversuch des "Bildungskompass Oberösterreich", teilte Landeshauptmann-Stellvertreter Thomas Stelzer (ÖVP) am Donnerstag in einer Aussendung mit.

Man habe den Bildungskompass, als er vergangenen November als Teil der Bildungsreform angekündigt wurde, als "sehr gutes Projekt" empfunden. Aber gerade im Bildungsbereich würden "angekündigte Reformen nicht immer in dem Tempo oder überhaupt stattfinden", argumentierte Stelzers Sprecher gegenüber der APA das Vorpreschen des Bundeslands. Karmasin möchte im Herbst die Verhandlungen mit den Ländern über Finanzierung und andere offene Fragen beginnen und dann im Herbst 2017 einen Pilotversuch starten, wofür sich Oberösterreich auch zur Verfügung stellen würde.

Dennoch startet man schon jetzt den Pilotversuch "Bildungskompass Oberösterreich" – mit einem anderen Modell, als es Karmasin plant: Am Ende der Kindergartenzeit sollen einmalig in einem zweiseitigen Formular die Kompetenzen der Kinder festgehalten werden, und zwar in den Bereichen Ethik und Gesellschaft, Emotionen und soziale Beziehungen, Sprache und Kommunikation, Bewegung und Gesundheit, Ästhetik und Gestaltung sowie Natur und Technik.

90 Kindergartenbetreiber hätten sich bereits gemeldet, die Eltern müssen aus Datenschutzgründen ihr Einverständnis geben. Im Frühjahr 2017 werde der Pilotversuch evaluiert und soll dann flächendeckend in Oberösterreich eingeführt werden. "Wir werden dem Familienministerium natürlich unsere Erfahrungen mit dem 'Bildungskompass Oberösterreich' für eine bundesweite Einführung zur Verfügung stellen", bot Stelzer an.

Die Neos bewerteten indes das Anliegen des Konzepts zum Bildungskompass prinzipiell positiv. Harsche Kritik übte Parteichef Matthias Strolz in einer Aussendung aber hinsichtlich der geplanten Umsetzung und der nicht näher definierten Pilotphase. So sei völlig unklar, was die Sache kosten wird, auch brauche es Klarheit in Sachen Datenschutz. Der Bildungskompass sei "noch orientierungslos unterwegs". (APA, 4.8.2016