Lustobjekt: Adonis. Bei Regen – der natürliche Todfeind des Cembalos – finden die Aufführungen im Rittersaal statt.

Foto: Reinhard Winkler

Grein – Oper, das ist das Kino von damals, als es noch keine bewegten Bilder gab. Bis heute will sie alle verfügbaren Mittel auffahren, schmücken, überwältigen. Kein Wunder, sind die Donaufestwochen im Strudengau jedes Jahr stolz auf das ins Programm gestemmte Musiktheater. Selten Gespieltem gilt dabei das Augenmerk, heuer trifft die Wiedererweckung Reinhard Keiser.

Inzwischen aus dem Kanon gefallen, hat der Zeitgenosse Georg Philipp Telemanns uns rund 80 Singspiele hinterlassen. "Wie hat er den Gesang zum vollen Schmuck gebracht, den dazumal die Welt noch ungestalt gekennet!", lobte jener 1739 in seinem Nachruf den Kollegen. Als die Gattung im kontinentalen Norden laufen lernte, war Keiser, der im Hotspot Hamburg werkte, einer ihrer bedeutendsten Vertreter. Einflüsse aus Italien und Frankreich verband er mit heimischen.

Öffentlich soll er, dessen Leben besser in Gerüchten als Dokumenten überliefert ist, sich allerdings "mehr als ein Cavallier, denn als Musicus" betragen haben. Wie fabelhaft passt dazu der Titel des auf Schloss Greinburg Gegebenen: Der geliebte Adonis. 1697 uraufgeführt, ist er Keisers früheste vollständig erhaltene Oper, sein Plot entstammt Ovids Metamorphosen.

Clowns, Götter und ein Eberkopf

Antik ist an der Inszenierung von Manuela Kloibmüller und der Ausstattung von Isabella Reder aber nichts: Ein Sternenhimmel schließt das Bühnenpodest nach hinten ab, daran hängt dräuend (der Titelgebende wird bei der Jagd von einem solchen aufgeschlitzt werden) ein Eberkopf.

Als Clowns treten die Hirten Gelon (Markus Miesenberger) und Philistus (Ulrich Cordes) auf, eine Art Zauberer stellt Michael Wagner als Meeresgott Proteus dar. Einem eher banalen Regieeinfall zu den Versen "Die Liebe kann aus Blumentöpfen / der Hoffnung süße Nahrung schöpfen" folgend, zaubert er Blümchen aus seinem Hut, um sie der Venus (Maria Weber) zu überreichen. Doch begehrt die Göttin der Liebe den Hirten Adonis (Maria Weiss). Ein Sehnen, das am Widerstand des Gottes Mars (Wagner wird mittels Jabot und Spazierstock zum eitlen Geck) sowie menschlicher Nebenbuhlerinnen (zur Strafe endet Merelize Gerber als Baum) scheitert.

Die "österreichische Erstaufführung in heutiger Zeit" beeindruckt vor allem musikalisch: Klar und stark sind alle Partien besetzt, allen voran füllt Wagners kräftiger Bassbariton den Arkadenhof, und Anna Willerding begeistert mit ihrem vollen Sopran als Hirtin Eumene. Das Euridice-Barockorchester der Anton-Bruckner-Privat-Uni spielt Keisers schmeichlerische Klangpirouetten unter der Leitung von Erich Traxler am Cembalo feierlich und beschwingt. Und nach etwas Murren half auch der Wettergott mit, den dritten Akt, wie die beiden vorhergehenden ein Ergebnis von 2000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden in technischen Belangen, gut über die Bühne zu bringen.

Auch deshalb würde man den Beteiligten für ihren Einsatz mehr Mittel wünschen: So ambitioniert das Unterfangen einer szenischen Oper ist, so streckt sich dessen Umsetzung aus der finanziellen Klammheit nach einer Decke, die trotz bester Absicht immer wieder ihre Höhe kennenlernen lässt.

Musik in Kirch' und Hof

Hier beginne das Ende der Welt, soll August Strindberg über den Strudengau beschlossen haben. Von 1893 bis 1896 hat sich der schwedische Autor dort aufgehalten. Das ihm gewidmete Museum in Saxen dient als eine weitere der über die Region verteilten Spielstätten des Festivals. Es läuft, auch mit neuerer Musik, bis 15. August. (Michael Wurmitzer, 7.8.2016)