Für Reinhard Bösch (FPÖ) ist die Gesamtschule Nivellierung nach unten.

Foto: Dietmar Stiplovsek

Bregenz – Vorarlberg will Vorreiter bei der Bildungsreform sein. Als Basis für eine Modellregion Gemeinsame Schule wurde ein Forschungsprojekt durchgeführt. Das Ergebnis: Die Schulpartnerschaft will die Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen, Experten befürworten sie. Vor einem Jahr beschloss der Landtag einstimmig, die Forschungsergebnisse in den nächsten acht bis zehn Jahren umzusetzen. Landesweit soll die Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen mit innerer Differenzierung und Individualisierung eingerichtet werden.

Bösch will Modellregion überdenken

Nun schert die FPÖ aus. Reinhard Bösch, der Dieter Egger im Juli als Landesparteiobmann ablöste, deutete schon beim Parteitag Zweifel an der Schulreform an. Im Sommergespräch von ORF Vorarlberg wurde er deutlicher. Volksschule und Neue Mittelschule sind für Bösch "annähernd Gesamtschulen". Und weil diese Schulzweige in letzten Evaluierungen "verheerend" abgeschnitten hätten – "unsere Kinder könnten nicht mehr lesen, schreiben, rechnen" –, müsse man sich eine Modellregion Vorarlberg genau überlegen, sagte er. Er sei gegen eine Gesamtschule, die Nivellierung nach unten bedeute.

Der Parteichef löste damit harsche Kritik von Schwarz und Grün aus, schließlich hatte die FPÖ den Allparteienbeschluss zu einer Modellregion Vorarlberg vor einem Jahr mitgetragen.

FPÖ Vorarlberg auf Strache-Kurs

Die Vorarlberger FPÖ sei von Strache-Getreuen übernommen worden, sagt Daniel Zadra, Bildungssprecher der Grünen. Die Partei stehe nun vor einem Dilemma: "Konstruktive Mitarbeit an der Verbesserung der Bildungslandschaft oder konservativer Rechtsruck? Beides geht nicht. Da müssen sich die Vorarlberger Freiheitlichen entscheiden."

VP-Klubobmann Roland Frühstück sieht die Vorarlberger Freiheitlichen ebenfalls hart auf Strache-Kurs. Die Bundespartei ist ja bekanntlich gegen die Gesamtschule. Bisher habe die FPÖ versichert, das Vorarlberger Schulmodell im Nationalrat nicht zu verhindern, "das dürfte wohl eine Fußnote der Geschichte sein". Bösch ist einer von zwei Vorarlberger FPÖ-Vertretern im Nationalrat.

FPÖ-Bildungssprecher Christoph Waibel, ein Befürworter der Gemeinsamen Schule, sieht in den Äußerungen Böschs keinen Richtungswechsel seiner Partei. Die FPÖ werde weiter alle guten Vorschläge mittragen. Ein FPÖ-Bildungssprecher brauche flexibles Rückgrat, ätzt Roland Frühstück (VP).

Initiative Pro Gymnasium sieht sich bestätigt

Applaus für die Freiheitlichen kommt von der Initiative Pro Gymnasium, die sich für die Erhaltung der Langform des Gymnasiums einsetzt. Obmann Wolfgang Türtscher freut sich über die "Rückkehr der bildungspolitischen Vernunft". Es gebe trotz von der Landespolitik verbreiteter "Gesamtschuleuphorie" keine Mehrheit für die Gesamtschule, behauptet Türtscher. Gegen eine Abschaffung des achtjährigen Gymnasiums sprechen sich in Vorarlberg auch die Neos aus. (Jutta Berger, 18.8.2016)