Gladiolen stehen jetzt statt üppiger Grünpflanzen in den Fenstern.

Foto: Alex Stranig

Der helle Gastraum und neue Polsterbezüge sind Teil des Relaunches.

Foto: Alex Stranig

Wer in ein Wiener Café geht, ist eigentlich schon darauf eingestellt von einem im schlecht sitzenden und speckigen Smoking gekleideten Kellner unfreundlich bedient zu werden. Umso überraschender ist es, wenn man – entgegen aller Klischees – plötzlich freundlich von einem höchst motivierten und aufmerksamen Kellner in Jeans und mit Flinserl im Ohr empfangen wird.

Noch etwas skeptisch (ob der überschwänglichen Herzlichkeit) wird einem bewusst, dass im traditionsreichen Café Eiles in der Josefstädter Straße nicht nur das Personal getauscht wurde.

Gert Kunze, der das Lokal vor einem Jahr nach dem Konkurs kaufte, sanierte behutsam Gastraum, Sanitäranlagen und Küche. Die schlammgrünen Wände und die rote Polsterung der Sitzmöbel sind neu, die wunderschönen Luster und die schweren Tische mit Steinplatte blieben. Riesige Vasen mit frischen Gladiolen in den Fenstern wirken einladend und machen den Relaunch noch einmal deutlich.

Essen im Café

Wie es sich in einem Wiener Café gehört, gibt es neben Melange und Verlängertem auch eine Speisekarte mit Kaffeehausklassikern. Das Wiener Schnitzel vom Schwein (wahlweise auch vom Huhn) ist eine Freude, wird es doch nicht bis zur Wettexdicke mit dem Schnitzelklopfer vergewaltigt, um am Ende als über den Tellerrand hängender hauchdünner Bröselteppich auf dem Teller zu landen. Die Panier könnte ein bisschen knuspriger und dunkler sein, der Erdäpfel-Vogerlsalat schmeckt wunderbar köstlich.

Das Wiener Schnitzel vom Schwein ( 8,90 Euro) wird mit Preiselbeeren und Erdäpfel-Vogerlsalat serviert.
Foto: Alex Stranig

Fiakergulasch mit Serviettenknödel, Spiegelei und dem obligatorischen Fächergurkerl taugt sowohl als Anti-Kater-Essen als auch als Unterlage, wenn man im Café versumpert. Das Fleisch ist butterzart, der Saft richtig fein gewürzt. Nur dem Knödel hätte etwas Salz nicht geschadet. Das Gute am Gulasch ist aber, dass man in seinem Saft alles auftunken kann, was einem in die Finger kommt.

Fiakergulasch (8,80 Euro) mit obligatorischem Fächergurkerl.
Foto: Alex Stranig

Bei den Schinkenfleckerln hat man es mit dem Würzen etwas übertrieben. In Vorfreude auf ein einfaches und in Österreich doch so beliebtes Gericht werden Fleckerln serviert, die von al dente so weit entfernt sind wie Österreich von einer Bundespräsidentenwahl. Nicht nur, dass der Koch die Pfeffermühle ein paar Mal zu oft gedreht hat, schwimmen die Fleckerln in einer Sauce aus Schlagobers und würzigem Käse. Hätte man vielleicht in der Karte erwähnen können.

Richtig fein und ein perfekter Begleiter zum Kaffee ist die Haustorte – eine Mohntorte mit feinen Preiselbeeren und Schokoladeglasur.

Die Haustorte Eiles (4 Euro) ist mit Preiselbeeren gefüllt.
Foto: Alex Stranig

Auch der hausgemachte warme Topfenstrudel kann durchaus mit hochgelobten Tradionscafés mithalten. Ist das die neue Wiener Kaffeehauskultur? Manchmal schadet es jedenfalls nicht, mit alten Mustern zu brechen. (Alex Stranig, 20.9.2016)